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Vergabemanagementsystem

Auf Vergabeplattform eingestellte Nachricht gilt als zugegangen

Auf Vergabeplattform eingestellte Nachricht gilt als zugegangen – zumindest, wenn keine weiteren Formvorgaben zu beachten sind

Gilt eine Nachricht, die in das Postfach eines Bieters auf einer Vergabeplattform eingestellt wird, als zugegangen?
Die VK Münster (B.v. 31.3.2021, VK 1 – 09/21) meint: ja! Zumindest wenn es nur auf das Versenden und den Zugang der Nachricht ankommt und darüber hinaus keine weiteren Inhalte oder Formerfordernisse zu beachten sind.

Die Kommunikation der zugrunde liegenden Ausschreibung sollte ausschließlich elektronisch über die Vergabeplattform erfolgen. Wie von der Antragsgegnerin (AG) ferner verlangt, hatte sich die Antragstellerin (ASt) elektronisch registriert. Mit Registrierung hatte die ASt ein eigenes, nur für sie einsehbares „Bieterpostfach“ auf der Plattform erhalten.

Die AG hatte am 9.2.2021 über die Vergabeplattform von der ASt etliche Unterlagen bis zum 15.2.2021 gem. § 16a EU VOB/A nachgefordert. Erst zwei Tage später erfuhr die ASt davon.

Sie ist der Meinung, der Ablauf der Frist zum Nachreichen der Unterlagen beginne erst nach Zugang der Bieterinformation am 17.2.2021. Entsprechend der Rechtsprechung der VK Südbayern (B.v. 29.3.2019 – Z3-3-3194-1-07-03/19) liege, wie auch beim Informationsschreiben nach § 134 GWB, keine elektronische Versendung vor, wenn lediglich in einem internen Bieterbereich auf einer Vergabeplattform eine Information eingestellt werde. Sie, die ASt, sei auf einer Vielzahl von Vergabeplattformen angemeldet, von denen sie täglich etliche E-Mails bekomme. Es sei faktisch schlicht nicht möglich, auf allen Plattformen irgendwelche Daten abzurufen.

Dies sieht die Vergabekammer anders: Das Fortschreiten der Digitalisierung führe unweigerlich dazu, dass sich durch Nutzung dieser Kommunikationsmedien der Umfang an Nachrichten, Informationen etc. vervielfache. Die interne Organisation zur Kenntnisnahme dieser Informationen obliege den Unternehmen. Diese ließen sich nämlich im Rahmen einer Ausschreibung auf die jeweilige Verfahrensweise ein – so auch auf die Einstellung von Nachrichten in „ihr Bieterpostfach“ auf der Vergabeplattform. Das Bieterpostfach sei ihrem Machtbereich zuzuordnen, da sie diese Sphäre beherrschen könne. Entsprechend ist eine Nachricht oder Willenserklärung, die in dieses Postfach eingestellt wird, zugegangen, da selbige so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Umständen Kenntnis davon nehmen kann. Auf eine zusätzlich generierte Informations-E-Mail komme es nicht mehr an. Diese diene lediglich dazu, im Interesse des Bieters, der eine Plattform ggf. nicht regelmäßig nutzt, auf eine bereits zugegangene Information aufmerksam zu machen.

Anders als bei Privaten sei es von Unternehmen auch zu erwarten, dass sie ihre „Postfächer“ regelmäßig kontrollierten – dies gehöre schlicht zum Verantwortungsbereich eines Gewerbetreibenden.

Im Unterschied zu § 134 Abs. 1 GWB erfordert § 16a EU VOB/A auch weder einen bestimmten Inhalt noch zusätzliche Formerfordernisse. Da es bei der Information nach § 16a EU VOB/A aber allein auf die Versendung und den Zugang ankomme, genüge insoweit das „Freischalten“ oder Einstellen einer Nachricht in ein Postfach.

Was bedeutet die Entscheidung für die Vergabepraxis? Zunächst einmal handelt es sich nur um eine rechtliche Momentaufnahme, da gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt worden ist. Es bleibt mithin abzuwarten, inwieweit das OLG Düsseldorf den Beschluss der Vergabekammer bestätigt.

Bemerkenswert ist, dass sich die VK Münster in Bezug auf das Verständnis des Machtbereichs des Bieters gegen die Ausführungen der VK Südbayern zu stellen scheint, die es als zweifelhaft ansieht, „ob ein Bereich der Vergabeplattform mit freigeschalteten persönlichen Informationen für einen Bieter nach derzeitiger Verkehrsauffassung überhaupt als Machtbereich des Bieters angesehen werden kann“. Ob etwas dem Machtbereich oder der „Sphäre“ eines Bieters zuzuordnen ist, dürfte aber – unabhängig von etwaig einzuhaltenden zusätzlichen Formvorschriften – unveränderbar sein. Ausschlaggebend dürfte die konkrete technische Ausgestaltung der jeweiligen Vergabeplattform sein. Unterstützung findet die Sichtweise der VK Münster in einer aktuellen Entscheidung der VK Saarland (B.v. 22.3.2021, 1 VK 6/20).

Was tun? Auftraggeber dürfen sich vor dem Hintergrund dieser (beiden) Entscheidung(en) hinsichtlich der Informationsübermittlung bei Nutzung von Vergabeplattformen also etwas „entspannen“. Jedenfalls wenn die technische Ausgestaltung der Plattform (mit Registrierung) ein Benutzerkonto für Bieter bereithält und zusätzlich automatische Hinweismails generiert.

Bieter sind jedoch (vorerst) gut beraten, sich über die über Vergabeplattformen übermittelten Informationen regelmäßig auf dem Laufenden zu halten. Zumindest ist dies für sie derzeit der sicherste Weg.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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Das Vergabemanagementsystem (VMS) ist eine Lösung zur sicheren Unterstützung der internen Vergabeprozesse bis hin zur kompletten Dokumentation der Vergabeverfahren (E-Vergabeakte).

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