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Fragst Du, rätst Du, oder rügst Du?

Grundsätzlich ist an Rügen ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dies gilt sowohl formal wie auch inhaltlich. Ein Bieter hat naturgemäß nur begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens, entsprechend darf er im Nachprüfungsverfahren behaupten, was er auf Grundlage seines Informationsstands redlicherweise für wahrscheinlich oder möglich hält. Aber wo sind die Grenzen zur Bieterfrage, wo zu bloßen Behauptungen „ins Blaue hinein“?

In einem der VK Bund (Beschluss v. 28.5.2020, VK 1 – 34/20) zur Entscheidung vorliegenden Fall hielt ein Bieter in Bezug auf den mit den Vergabeunterlagen übermittelten Vertragsentwurf mehrere Aspekte für fehlerhaft. Mit entsprechenden „kritischen Bieterfragen“ richtete er sich an die Vergabestelle. In einem nachfolgenden Nachprüfungsverfahren war zu beurteilen, ob diese Fragen als Rüge zu klassifizieren waren.

Die Vergabekammer meinte ja: Ob ein bestimmtes Bieterverhalten eine Rüge darstellt, ist von den Vergabenachprüfungsinstanzen objektiv zu beurteilen und steht nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten. Anderenfalls könnte ein Bieter mit dem Argument „taktieren“, bisher nur Fragen gestellt zu haben, mit einer „echten“ Rüge aber warten, bis klar ist, ob er den Zuschlag erhält. Auftraggeber sollen frühzeitig Gelegenheit bekommen, ein vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen und ggf. zu korrigieren.

Für die Annahme einer Rüge genügt es entsprechend (ist aber auch erforderlich), dass der Bieter den beanstandeten Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durchdrungen hat, ihn aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre für sich als nachteilig empfindet und für rechtwidrig hält und dies gegenüber dem Auftraggeber zum Ausdruck bringt. Auf ein Fragezeichen kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob das Wort „Rüge“ verwandt wird.

Es reicht aber nicht aus, dass der Bieter seinem „Unmut“ rein pauschal und „ins Blaue hinein“ Ausdruck verleiht.

Dies stellte kürzlich das OLG Düsseldorf (Beschluss v. 29.3.2021, Verg 9/21) wieder einmal klar. Im konkreten Fall teilte ein Bieter gegenüber dem Auftraggeber mit, „es stelle sich ihm die Frage“, ob der für den Zuschlag vorgesehene Bieter tatsächlich sämtliche Referenzen vorgelegt habe. „Soweit ihm bekannt sei“ könne dies nicht der Fall sein.

Rügen müssen ein Mindestmaß an Substantiierung aufweisen, reine Vermutungen genügen nicht. Es müssen zumindest Anknüpfungstatsachen oder Indizien vorgetragen werden, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen – jedenfalls, wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht vollständig den Einsichtsmöglichkeiten des Bieters entzieht. Um den Auftraggeber in die Lage zu versetzen, etwaige Verstöße zeitnah korrigieren zu können, müssen frühzeitig diejenigen Umstände benannt werden, aufgrund derer der Rügende vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ausgeht. Dafür sind Erkenntnisquellen auszuschöpfen, die ihm ohne großen Aufwand zur Verfügung stehen. Um eine Prüfung zu ermöglichen, muss auch angegeben werden, woher diese Erkenntnisse stammen. Ein Nachholen der fehlenden Substanz im Nachprüfungsverfahren ist nicht möglich.

Entsprechend sind Formulierungen wie „nach unserer Kenntnis“, „soweit bekannt“ oder „nach unserer Informationslage“ regelmäßig unzureichend.

Fazit:
Um rechtliche Nachteile von vornherein zu minimieren, sollten sich Bieter über die mit ihrem Vorgehen beabsichtigten Ziele im Klaren sein. „Taktische Zurückhaltung“ ist im Zusammenhang mit Rügen riskant. Sofern eine Rüge gewollt ist, ist ein Mindestmaß an Klarheit und Substantiierung auch beim „sensibelsten“ Vorgehen einzuhalten. Geht es dem Bieter hingegen tatsächlich nur darum, vertiefte Informationen zu erlangen, sollte eine diesbezügliche Bieterfrage entsprechend (beanstandungs-)neutral gehalten werden. Auf der anderen Seite gilt für Auftraggeber: Aufgepasst, auch bei leiser Kritik!

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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