Checkliste: Bieterrechte – Die Rüge
Bei EU-weiten Vergabeverfahren müssen Sie die von Ihnen erkannten Vergabeverstöße bzw. aus der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen erkennbaren Verstöße bei der Vergabestelle rügen (= beanstanden). Ohne eine solche Rüge ist ein späteres Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer grundsätzlich nicht möglich.
1. Überblick
- Ziel: Mit der Rüge soll der Vergabestelle die Korrektur von Verfahrensverstößen im frühestmöglichen Stadium ermöglicht werden; zugleich wahren Sie Ihre Rechte als Bieter und halten sich die Möglichkeit offen, evtl. ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten.
- Form der Rüge: Schriftform nicht vorgeschrieben; aus Beweisgründen am besten schriftlich (vorab per Telefax).
- Adressat: Auftraggeber, nicht Beratungsbüro o.ä.
- Inhalt:
- Beanstandung muss zum Ausdruck kommen; keine Fragen, Bitten o.ä.
- Vergabeverstoß konkret benennen („einseitig“, „unverhältnismäßig“, „zu kurz“ etc.), aber: Angabe der einschlägigen Vergaberechtsvorschriften oder nähere Ausführungen zur Rechtslage nicht erforderlich.
- Vergabestelle zur Abhilfe auffordern.
- Voraussetzung: nach „positiver“ (= tatsächlicher) Kenntnis eines Verstoßes bzw. bei Erkennbarkeit des Verstoßes aufgrund der Bekanntmachung oder der Vergabeunterlagen.
- Frist:
- innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen nach „positiver“ (= tatsächlicher) Kenntnis des Verstoßes.
- Bei Vergabeverstößen, die aus der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der Bewerbungs- oder Angebotsfrist (s. Checkliste Fristen).
2. Wie gehen Sie als Bieter bei der Erhebung einer Rüge vor?
- Sachlich und freundlich, aber bestimmt; in Kenntnis der eigenen Rechte als Bieter (vgl. § 97 Abs. 6 GWB: Die Unternehmen haben Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabe- verfahren einhält).
- Abhilfevorschläge unterbreiten.
- Ggf. sollten Sie eine Rüge durch eine Frage zur Aufklärung des Sachverhalts vorbereiten; aber Vorsicht! Durch eine Frage dokumentieren Sie, dass Sie sich mit den Vergabeunterlagen bereits befassen, daher beginnt ggf. die Rügefrist zu laufen.
3. Reaktion des Auftraggebers
- Auftraggeber trifft keine Reaktionspflicht, wenn keine Reaktion: Nachprüfungsantrag!?
- Auftraggeber darf (und muss ggf.) Vergabeunterlagen ( z.B. rechtswidrige Vorgaben) korrigieren.
- Korrigierte Unterlagen müssen allen Bietern übersandt werden (Gleichbehandlungsgebot).
- Klausel: „Enthalten Vergabeunterlagen nach Auffassung des Bieters Unklarheiten, hat der Bieter unverzüglich den Auftraggeber vor Angebotsabgabe darauf hinzuweisen“ ist zulässig und in der Praxis häufig.
- Statt Aufklärungsrüge z.B. auch Haupt- und Nebenangebot möglich.
4. Was müssen Bieter tun, wenn der Auftraggeber ihrer Rüge nicht abhilft?
- Nachprüfungsverfahren beantragen (s. Leitfaden Vergaberecht für Anbieter)?
- Bis wann müssen Sie tätig werden? § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB: Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.Autoren: Dr. Angela Dageförde, Rechtsanwältin, www.kanzlei-dagefoerde.de Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de Aktualisierung: (Stand: 19.02.2020): Oliver Hattig, Rechtsanwalt, www.hattig-leupolt.de
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