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E-Rechnung

Die Leitweg-ID und die elektronische Rechnungsstellung im Vergabeverfahren

Die elektronische Rechnungsstellung ist ein zentraler Bestandteil der Digitalisierung im öffentlichen Auftragswesen und wird im Wesentlichen durch die E-Rechnungsverordnung (ERechV) auf Grundlage des E-Government-Gesetzes (EGovG) geregelt. Sie stellt sicher, dass Rechnungen in einem einheitlichen, strukturierten Format ausgestellt, übermittelt und medienbruchfrei verarbeitet werden können. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Leitweg-ID, eine eindeutige Kennung, die die korrekte Zuordnung und Weiterleitung elektronischer Rechnungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung ermöglicht.

Dieser Beitrag stellt die rechtlichen Grundlagen der elektronischen Rechnungsstellung dar, erläutert die Funktion und den Aufbau der Leitweg-ID und beleuchtet deren Bedeutung im Vergabeverfahren. Ergänzend werden praktische Aspekte für öffentliche Auftraggeber und Auftragnehmer (Bieter) berücksichtigt.

  1. Was ist eine Leitweg-ID, wie ist sie aufgebaut und wie erhält man diese?

Die Leitweg-ID ist eine eindeutige Zeichenkette, die zur Adressierung elektronischer Rechnungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung dient. Sie wird im Standard XRechnung im Feld „Käuferreferenz“ (BT-10) angegeben und ist eine Pflichtangabe auf jeder E-Rechnung an öffentliche Auftraggeber, vgl. § 5 E-RechV:

„Inhalt der elektronischen Rechnung

(1) Die elektronische Rechnung hat neben den umsatzsteuerrechtlichen Rechnungsbestandteilen mindestens folgende Angaben zu enthalten:

  1. eine Leitweg-Identifikationsnummer,“ […].

Die Leitweg-ID setzt sich grundsätzlich aus drei Bestandteilen zusammen:

Die Grobadressierung enthält die Kennziffer des Bundes oder des Landes und weiterer untergeordneter Verwaltungsstrukturen:

  • 991: Der Rechnungsempfänger ist Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung oder ein Verfassungsorgan und empfängt elektronische Rechnungen über die ZRE.
  • 992: Der Rechnungsempfänger ist Teil der mittelbaren Bundesverwaltung und empfängt elektronische Rechnungen über die OZG-RE.
  • 993: Der Rechnungsempfänger ist Teil der mittelbaren Bundesverwaltung und empfängt über eine eigene Lösung (weder ZRE noch OZG-RE) elektronische Rechnungen.

Die Feinadressierung kann vom Bund oder den Ländern frei verwendet werden, um den öffentlichen Auftraggeber eindeutig zu identifizieren.

Die Prüfziffer dient der  Validierung.

Ein Rechnungsempfänger der Bundesverwaltung hat mindestens eine Leitweg-ID. Es können mehrere Leitweg-ID pro Behörde oder Einrichtung genutzt werden. Es ist jeder Behörde oder Einrichtung überlassen, wie viele Leitweg-ID beantragt werden.

Die Ausgestaltung der Leitweg-ID in einer Behörde/Einrichtung basiert auf der Organisation der internen Rechnungsbearbeitung. Behörden und Einrichtungen mit mehreren Leitweg-ID stellen über die Angabe der entsprechenden Leitweg-ID sicher, dass die Rechnung direkt an den zuständigen Bereich für die Bewirtschaftung adressiert wird.

Um an eine Leitweg-ID zu gelangen, ist für Bundesbehörden und auf Ebene des Bundes angebundene öffentliche Auftraggeber das Zentrale Finanzwesen des Bundes (ZFB) zuständig. Auf Landesebene unterscheidet sich der Weg zur Leitweg-ID von Land zu Land.

  1. Was ist eine E-Rechnung?

Eine elektronische Rechnung (E-Rechnung) ist ein Datensatz, der in einem strukturierten elektronischen Format erstellt, übermittelt und empfangen wird. Dieses Format muss die automatische Weiterverarbeitung der enthaltenen Daten ermöglichen. Dabei wird keine Rechnung im herkömmlichen Sinne als PDF oder Papierdokument übermittelt, sondern ein maschinenlesbares Format genutzt, das den Anforderungen der europäischen Norm EN 16931 entspricht.

Für die Ausstellung elektronischer Rechnungen ist grundsätzlich der Datenaustauschstandard XRechnung in der jeweils aktuellen Fassung zu verwenden. Dabei handelt sich um einen offenen, unentgeltlichen und zukunftssicheren Datenstandard, der den Umgang mit elektronischen Rechnungen in der öffentlichen Verwaltung vereinheitlicht. Alternativ kann ein anderer Standard genutzt werden, sofern dieser den Anforderungen der europäischen Norm EN 16931 entspricht.

Die Übermittlung elektronischer Rechnungen erfolgt über ein Verwaltungsportal des Bundes gemäß § 2 Abs. 2 des Onlinezugangsgesetzes (OZG). Voraussetzung dafür ist die vorherige Registrierung des Rechnungsstellers oder Rechnungssenders mit einem Nutzerkonto.

  1. Rechtliche Grundlagen

Die Grundlage der elektronischen Rechnungsstellung ist die EU-Richtlinie 2014/55/EU. Diese wurde durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung und die E-Rechnungsverordnung (ERechV) in Deutschland umgesetzt. Auf Landesebene haben einige Bundesländer eigene Regelungen, wie z. B. das E-Government-Gesetz Baden-Württemberg (EGovG BW) oder das Bayerische E-Government-Gesetz (BayEGovG). Die Länder Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt haben keine eigenen Regelungen zur Umsetzung der E-Rechnung.

Die Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen des Bundes (E-Rechnungsverordnung – ERechV) gilt grundsätzlich für alle Rechnungen, die nach der Erfüllung von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen ausgestellt werden. Die Regelung betrifft Rechnungen, mit denen Lieferungen oder sonstige Leistungen abgerechnet werden.

Die Verordnung trat am 27.11.2018 in Kraft. Für subzentrale öffentliche Auftraggeber, Sektorenauftraggeber und Konzessionsgeber gilt sie seit dem 27.11.2019. Subzentrale öffentliche Auftraggeber sind alle öffentlichen Auftraggeber, die keine obersten Bundesbehörden oder Verfassungsorgane des Bundes sind.

Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung nach § 3 Abs. 1 ERechV gilt seit dem 27.11.2020.

Rechnungssteller müssen gemäß § 3 Abs. 1 ERechV Rechnungen in elektronischer Form ausstellen und übermitteln. Rechnungsempfänger sind verpflichtet, diese elektronischen Rechnungen über ein Verwaltungsportal im Sinne von § 4 Abs. 3 ERechV zu empfangen.

Als Rechnungssteller gelten Unternehmer im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB, die Rechnungen erstellen und versenden.

Rechnungsempfänger sind die in § 159 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 GWB genannten Stellen, sofern die ERechV keine abweichenden Bestimmungen enthält. Rechnungsempfänger im Sinne dieser Vorschrift sind somit der Bund selbst, Auftraggeber, die in unterschiedlicher Weise vom Bund kontrolliert werden, Empfänger von Subventionen des Bundes sowie Stellen, die Aufgaben im Rahmen der Organleihe für den Bund wahrnehmen.

Die Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung entfällt,

  • wenn Rechnungen nach der Erfüllung eines Direktauftrags bis zu einem Betrag von 1.000,00 € gestellt werden,
  • wenn Ausnahmeregelungen nach §§ 8 oder 9 ERechV vorliegen oder
  • wenn Rechnungen in Verfahren der Organleihe gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 5 GWB auszustellen sind.

Rechnungsdaten, die gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) als geheimhaltungsbedürftig gelten, sind vom Geltungsbereich der ERechV ausgenommen (vgl. § 8 Abs. 1 ERechV). Für solche Daten können Vertragsparteien jedoch eine elektronische Rechnungsstellung vereinbaren. Daten, die nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG als geheimhaltungsbedürftig gelten, dürfen nicht per E-Mail übermittelt werden (vgl. § 8 Abs. 2 ERechV). Im Ausland sind Auslandsvertretungen gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst (GAD) nur dann zum Empfang elektronischer Rechnungen verpflichtet, wenn der Auftragswert den Schwellenwert gemäß § 106 Abs. 2 GWB erreicht oder überschreitet (vgl. § 9 Abs. 1 ERechV). Sind die technischen Möglichkeiten zur elektronischen Rechnungsstellung im Ausland nicht gegeben, ist das Verfahren ebenfalls ausgenommen (vgl. § 9 Abs. 2 ERechV).

  1. Leitweg-ID und elektronische Rechnungsstellung im DTVP

Bei DTVP müssen öffentliche Auftraggeber entsprechend der rechtlichen Grundlagen angeben, ob die elektronische Rechnungsstellung im jeweiligen Vergabeverfahren „erforderlich“ (Pflicht für Bieter), „zulässig“ (optional für Bieter) oder „unzulässig“ ist (z. B. bei Ausnahmen gemäß §§ 8 oder  9 ERechV, s.o.).

Bereits bei der Veröffentlichung der Bekanntmachung sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, diese Vorgaben sorgfältig zu prüfen und entsprechend festzulegen. Der Regelfall wird – in Anlehnung an die gesetzlichen Regelungen – bei Rechnungsempfängern nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 GWB (z. B. der Bund, bundeseigene Institutionen sowie von diesen kontrollierte Stellen) die Angabe „erforderlich“ sein. Für andere öffentliche Auftraggeber, wie etwa landeseigene Institutionen, sind hingegen die landesspezifischen Vorschriften und internen Regelungen zur elektronischen Rechnungsstellung maßgeblich zu beachten.

Zusätzlich ist die Leitweg-ID vom Auftraggeber im Feld „Nationale Identifikationsnummer“ anzugeben (z. B. 991-1234512345-06). Diese ID wird von den Bietern für die Erstellung und Übermittlung der elektronischen Rechnungen verwendet, um eine eindeutige Zuordnung sicherzustellen. Auch hier erweist sich eine sorgfältige Ermittlung und Angabe der entsprechenden Leitweg-ID als sinnvoll und zweckmäßig.

  1. Risiken

Fehler können Rückfragen erforderlich machen, den Prozess verzögern und rechtliche Risiken nach sich ziehen. Fehlerhafte elektronische Rechnungsstellungen könnten für den Rechnungssteller das Risiko begründen, dass die Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 ERechV vom Rechnungsempfänger abgelehnt wird, wodurch die Fälligkeit der Forderung nicht eintreten und der Rechnungsempfänger nicht in Verzug geraten könnte. Für den Rechnungsempfänger könnte eine fehlerhafte Angabe der Leitweg-ID oder eine nicht ordnungsgemäße Bearbeitung der Rechnung die Gefahr begründen, in Zahlungsverzug zu geraten und Verzugszinsen sowie möglicherweise Schadensersatz leisten zu müssen.

  1. Praxistipps für öffentliche Auftraggeber und Bieter

Öffentliche Auftraggeber sollten bereits im Rahmen der Ausschreibung sorgfältig prüfen, ob die elektronische Rechnungsstellung im konkreten Vergabeverfahren erforderlich, zulässig oder unzulässig ist. Besonders wichtig ist die korrekte Angabe der Leitweg-ID. Fehler können Rückfragen erforderlich machen, den Prozess verzögern und rechtliche Risiken begründen. Der Einsatz mehrerer Leitweg-ID kann sich als sinnvoll erweisen, insbesondere für eine effiziente Zuordnung von Rechnungen innerhalb großer Organisationen.

Bieter sollten frühzeitig prüfen, ob eine Verpflichtung zur E-Rechnung besteht und welche Leitweg-ID zu verwenden ist. Wichtig ist, dass die Rechnung den Standard XRechnung oder einen kompatiblen Standard erfüllt und alle Pflichtangaben gemäß der ERechV enthält. Dies stellt eine reibungslose Verarbeitung sicher.

Darüber hinaus ist für beide Seiten zu prüfen, ob landesspezifische Regelungen besondere Anforderungen an die elektronische Rechnungsstellung enthalten, die über die Vorgaben der ERechV hinausgehen.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung wird die elektronische Rechnungsstellung zunehmend unverzichtbar – nicht nur im öffentlichen Auftragswesen, sondern bald auch im B2B-Bereich. Ab dem 1.1.2025 wird sie auch im Geschäftsverkehr zwischen inländischen Unternehmen in Deutschland schrittweise zur Pflicht. Unternehmen, die sich bereits mit den Vorgaben der E-Rechnungsverordnung vertraut gemacht haben, können von diesen Erfahrungen profitieren. Die im öffentlichen Auftragswesen bewährten Standards und Prozesse, wie etwa die Nutzung strukturierter Formate und die präzise Adressierung durch Leitweg-ID, bieten wertvolle Ansätze, um sich auch auf die neuen Anforderungen im B2B-Bereich vorzubereiten.

Linda Winkler, Rechtsanwältin, Böke Rechtsanwälte, Düsseldorf

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