Wenn sie denn kommt … die Vergaberechtsreform – Ein Überblick
Ob sie kommen wird, ist in der derzeitigen politischen Situation mehr als ungewiss. Geplant ist sie aber, die Vergaberechtsreform.
Das Vergabetransformationspaket, das Reformen im Ober- und Unterschwellenbereich betrifft, hat zum Ziel, Vergabeverfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren. Zugleich soll die öffentliche Beschaffung stärker sozial, ökologisch und innovativ ausgerichtet werden.
Ende September wurde der Referentenentwurf zum Vergaberechtstransformationsgesetz (VergRTransfG) an die Bundesressorts zur Abstimmung versandt, Mitte Oktober war dazu die Länder- und Verbändeanhörung eingeleitet worden.
Was sich ändern könnte, soll nachfolgend kurz – durch Hervorhebung einiger Aspekte – beleuchtet werden:
- Flexibilisierungen bei der Losvergabe
Das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Los- zur Gesamtvergabe soll bestehen bleiben, Abweichungsmöglichkeiten aber erweitert werden. Ausdrücklich sollen bspw. auch zeitliche Gründe aufgenommen werden, sodass etwa die Vermeidung von Bauzeitverzögerungen eine Gesamtvergabe zuließen.
Zudem soll die notwendige Begründungstiefe von einer „Erforderlichkeit“ auf ein Rechtfertigen gesenkt werden, um den Auftraggebern mehr Ermessensspielraum zu ermöglichen.
- Vereinfachungen im offenen Vergabeverfahren
Unter anderem soll der „vereinfachte Wertungsvorgang“ (die Durchführung der Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung) in offenen Vergabeverfahren zum Regelfall werden.
Auch die Eignungsprüfung soll Vereinfachungen erfahren: Der Grundsatz der Eigenerklärungen soll gestärkt werden, die Vorlage von Nachweisen nur noch für den aussichtsreichen Bieter vorgesehen sein. Zudem soll verdeutlicht werden, dass nicht zwingend in der Bekanntmachung selbst alle Eignungskriterien benannt und ausgeführt werden müssen. Auch die Verlinkung der Vergabeunterlagen in der Bekanntmachung mit Verweis darauf, wo sich die Eignungskriterien befinden, soll den Anforderungen genügen.
- Vereinfachungen und Digitalisierung im Vergabenachprüfungsverfahren
Unter anderem sollen Vergabenachprüfungsverfahren vornehmlich in Textform geführt, Aktenübermittlung und Akteneinsicht digital ausgestaltet werden. Auch mündliche Verhandlungen sollen virtuell durchgeführt werden können.
- Neue Möglichkeiten der Direktauftragsvergabe im Unterschwellenbereich
Eine Sonderwertgrenze soll für Aufträge bzgl. innovativer Leistungen bis zu 100.000 € Direktvergaben zulassen (§ 14b UVgO), bei der Beschaffung über Online-Marktplätze soll dies bis zu 50.000 € möglich sein (§ 14a UVgO). Darüber hinaus soll die allgemeine Wertgrenze für Direktvergaben auf 15.000 € angehoben werden (§ 14 UVgO).
Freilich käme es hier weiter auch auf die Umsetzung auf Landesebene an, da die Regelungskompetenz des Bundes hier auf Vergaben des Bundes beschränkt ist.
- Maßnahmen im Sinne einer sozialen und umweltbezogenen nachhaltigen Beschaffung
Als Zentralnorm soll hierfür ein neuer § 120a GWB eingeführt werden. Dieser soll ein dreistufiges Konzept vorsehen:
Eine Soll-Vorschrift kann soll bestimmen, dass soziale oder umweltbezogene Kriterien bei der Leistungsbeschreibung oder auf einer anderen Verfahrensstufe Berücksichtigung finden.
Eine „Nachhaltigkeitsliste“ soll Beschaffungsgegenstände aufführen, die besonders für eine soziale und umweltbezogene nachhaltige Beschaffung geeignet sind. Hier soll die Berücksichtigung sozialer bzw. umweltbezogener Kriterien bei der Beschaffung dann verpflichtend werden.
Eine „Negativliste“ soll ferner Gegenstände listen, die unter Nachhaltigkeitsaspekten nicht beschafft werden dürfen.
Die geplanten Änderungen wären sicherlich ein nützlicher und notwendiger Beitrag zu einer zukunftsorientierten Beschaffung. Bleibt zu hoffen, dass diese so – oder ähnlich – auch Einzug in die Beschaffungspraxis finden werden.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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