Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)
Vorteile für die GbR bei Vergaben?
Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts hat vor allem eines gebracht: Klarheit für die GbR. Die bisherige Rechtsprechung zur GbR hat weitestgehend Eingang in das Gesetz gefunden. Ergänzend wurde die Möglichkeit der Registrierung der GbR in einem neu geschaffenen Gesellschaftsregister eingeführt. Der Artikel stellt hier nur einen Teil der Neuerungen dar. Neuerungen, die das Verhältnis der Gesellschafter einer GbR untereinander regeln, bleiben außen vor. Im Fokus steht die Frage, ob und wenn ja, welche Änderungen das MoPeG für Vergabeverfahren bringt?
- Ziel der Modernisierung
Am 01.01.2024 ist das neue Personengesellschaftsrecht in Kraft getreten, das durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht, abgekürzt „MoPeG“, neu geregelt wurde. Das Personengesellschaftsrecht wird dadurch aber (in der Sache) nicht neu geschrieben, vielmehr ist es das erklärte Ziel des MoPeG, das „Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts […] innerhalb des bestehenden Systems, das heißt unter Anerkennung des grundlegenden Unterschieds zwischen kaufmännischen und nicht kaufmännischen Personengesellschaften, konsolidiert und konsequent am Leitbild einer auf gewisse Dauer angelegten, mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestatteten Personengesellschaft auszurichten“ (RegE MoPeG, BT-Drs. 19/27635, S. 2). Das bedeutet, dass viele Aspekte der GbR, welche durch die Rechtsprechung bereits entwickelt wurden, nun klar gesetzlich geregelt sind. Darüber hinaus gibt es aber auch tatsächliche Neuerungen, z. B. die Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR und die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften (insbesondere der GmbH & Co. KG) für Freiberufler.
- Registrierung – Wann ist diese sinnvoll?
Handels- und Gesellschaftsregister sind ähnlich gestaltet. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied bezüglich der Eintragungspflicht. „So ist die Eintragung einer rechtsfähigen GbR in das Gesellschaftsregister stets freiwillig und deklaratorisch“ (Röß: Die GbR nach dem MoPeG, NZG 2023, 401, beck-online). Es stellt sich also die Frage, warum sich eine GbR dafür entscheiden sollte?
a) Vorteile der Registrierung
Mit der Eintragung ins Gesellschaftsregister gehen Erleichterungen im täglichen Rechtsverkehr einher. Die Vertretungsregelung der GbR wird im Register eingetragen (§ 707 II Nr. 3, Abs. 2 Nr.3 Satz 1 BGB). Das erhöht die Rechtssicherheit für potenzielle Vertragspartner, die durch den Zusatz „eGbR“ und die Pflicht zur Angabe von Haftungsbeschränkungen einzelner Gesellschafter (§ 707 a Abs.3 Satz 1 BGB iVm § 15 Abs. 1 HGB) von einer erhöhten Transparenz profitieren. Wenn, wie bisher, keine Eintragung vorhanden ist, ist die Prüfung der Vertretungsregelung für Außenstehende, wie Vergabestellen, schwierig. Die Vorlage des Gesellschaftsvertrages ist als Alternative zum Registerauszug nicht zielführend, da er jederzeit formfrei und für Außenstehende unbemerkt geändert werden kann. Den damit verbundenen Unsicherheiten begegnen Vergabestellen daher regelmäßig mit der Abfrage einer Erklärung zur gesamtschuldnerischen Haftung von allen Beteiligten einer Bietergemeinschaft; der häufigste Fall der Beteiligung einer GbR am Ausschreibungsverfahren.
Neben der Vertretungsbefugnis sind weitere Angaben für die Registrierung notwendig. Dazu gehören der Sitz der Gesellschaft, deren Anschrift und die Angabe der Gesellschafter. Dabei sind Gesellschafter mit Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnort (private Personen) bzw. mit Firma oder Namen, Rechtsform, Sitz und, soweit gesetzlich vorgesehen, zuständigem Register und Registernummer (juristische Personen) anzugeben. Damit werden die für einen möglichen Streitfall relevanten Daten für die Zustellung von Verfahrensdokumenten publik.
Die dargestellten Vorteile betreffen allerdings die Rechtsposition Dritter, nicht der GbR selbst. „Ist die GbR einmal in das Gesellschaftsregister eingetragen, können die Gesellschafter die Eintragung nicht beliebig rückgängig machen. Dadurch soll Missbrauch unterbunden, kontinuierliche Transparenz gewährleistet und eine .Firmenbestattung‘, dh eine verdeckte Liquidation der Gesellschaft außerhalb des vorgesehenen Insolvenzverfahrens, verhindert werden“ (Roßkopf/Hoffmann: Das MoPeG kommt – was ist zu tun? ZPG 2023, 14). Wenn die Gesellschafter einer GbR sich für die Registrierung entscheiden, müssen sie zukünftig alle relevanten Änderungen im Register eintragen und können nicht wie bisher formfrei und mit wenig Aufwand jegliche Anpassungen vornehmen. Gleichwohl kann die Registrierung zur Steigerung des Vertrauens aktueller und zukünftiger Vertragspartner dienen.
b) Fälle der Notwendigkeit der Registrierung
Die GbR sollen gleichwohl durch Anreize zur Anmeldung in das Gesellschaftsregister motiviert werden. Die Norm des § 47 Abs. 2 GBO bestimmt, dass ein Grundstücksrecht zukünftig nur noch zugunsten einer eGbR ins Grundbuch eingetragen werden soll. Das ist für den rechtsgeschäftlichen Erwerb bedeutsam, der gemäß § 873 Abs. 1 BGB von einer Eintragung abhängig ist. „Die Formulierung ,soll‘ ist hier – wie allgemein im Grundbuchrecht – als zwingende Vorgabe zu verstehen. Sie bringt zum Ausdruck, dass ein entsprechender Verstoß die grundbuchrechtliche Wirksamkeit der Eintragung unberührt lässt“ (Röß: Die GbR nach dem MoPeG, NZG 2023, 401, beck-online).
Darüber hinaus ist zukünftig auch die Verfügung über bestehende Grundstücksrechte den eingetragenen Gesellschaften vorbehalten (Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB ). Im Ergebnis kann eine GbR, die bereits nach altem Recht als Berechtigte im Grundbuch steht, ohne eine Registrierung keine Verfügungen mehr über ihr Recht vornehmen.
Neben der Verfügung über Grundstücke ist auch der Erwerb von Gesellschaftsanteilen zukünftig nur für registrierte GbR möglich. Nach § 707 a Abs. 1 Satz 2 BGB kann die GbR nur dann als Gesellschafter einer anderen Gesellschaft in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, wenn sie bereits selbst im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Diese zwingende Vorgabe gewährleistet, dass auch bei einer mehrgliedrigen Gesellschaft volle Publizität besteht.
- Neue Rechtsformen für Freiberufler
- § 107 Abs. 1 Satz 2, 161 Abs. 2 HGB n. F. ermöglichen Freiberuflern nunmehr die Wahl der Rechtsform, insbesondere der GmbH & Co. KG, womit ihnen neben der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung künftig eine weitere haftungsbeschränkte Personengesellschaftsrechtsform zur Wahl steht. Die GmbH & Co. KG hat dabei den Vorteil, dass die Haftung der Kommanditisten generell beschränkt ist, während die PartG mbB nur eine Haftungsbeschränkung für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung – also nicht für sonstige Verbindlichkeiten, wie etwa Gehälter, Mieten, Steuern usw. – kennt. Diese Möglichkeit steht unter dem Vorbehalt, dass das Berufsrecht des Freiberuflers die Eintragung zulässt.
Vorteilhaft ist sicherlich die Haftungsbeschränkung, welche die GmbH & Co. KG bietet. Allerdings sollte stets geprüft werden, ob dieser Vorteil die Pflichten rechtfertigt, welche die Rechtsformwahl auslöst. Dazu gehören unter anderem die etwaige Pflicht zur Entrichtung von Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 GewStG), die Pflicht, den Jahresabschluss offenzulegen nach §§ 264a i.V.m. 325 HGB sowie die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO.
- Auswirkungen auf Vergabeverfahren
Für Vergabestellen bedeutet das MoPeG, dass nun ein weiteres Register bei der Abfrage der beruflichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Wurde in der Formulierung der Abfrage einer Registereintragung bisher von „Handels- oder Partnerschaftsregisterauszug oder vergleichbarer Registerauszug“ gesprochen, fällt das neue Gesellschaftsregister wohl darunter. Dennoch ist es mit Blick auf Transparenz und Klarheit der Vergabeunterlagen sinnvoll, eine sprachliche Ergänzung aufzunehmen, d. h. das Gesellschaftsregister ebenfalls zu nennen – wegen der Freiwilligkeit der Eintragung mit dem Zusatz „soweit vorhanden“.
Aus haftungsrechtlicher Sicht ist das MoPeG unproblematisch. Da es die bisherige Rechtsprechung adaptiert, bedarf es keiner neuen Betrachtung von Haftungsfragen im Umgang mit der GbR soweit die Haftung des zukünftigen Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber betroffen ist. Auch in Bezug auf Bietergemeinschaften hat sich durch das MoPeG kaum etwas an der vergaberechtlichen Behandlung solcher Zusammenschlüsse geändert.
Es gilt weiterhin § 43 Abs. 2 VgV, wonach „Bewerber- und Bietergemeinschaften wie Einzelbewerber und -bieter zu behandeln“ sind und „der öffentliche Auftraggeber nicht verlangen darf, dass Gruppen von Unternehmen eine bestimmte Rechtsform haben müssen, um einen Antrag auf Teilnahme zu stellen oder ein Angebot abzugeben.“ Eine rechtsfähige GbR (nunmehriges Leitbild, vgl. BT-Drs. 19/27635, 2, 125) zeichnet sich gem. § 705 Abs. 2 BGB dadurch aus, dass sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Dieser Wille wird nach § 705 Abs. 3 BGB vermutet, wenn Gegenstand der Gesellschaft der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist. Bietergemeinschaften gelten daher in der Regel als GbR, da sie sich zur Verfolgung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Zwecks zusammengeschlossen haben. Anderes gilt natürlich, wenn die Mitglieder der Bietergemeinschaft aktiv eine andere Rechtsform für den Zusammenschluss gewählt haben.
Die Registrierung einer GbR und damit die Teilnahme einer „eGbR“ am Verfahren kann für Vergabestellen vorteilhaft sein. Durch den Registerauszug besteht umgehend Klarheit über wesentliche Grundinformationen, wie der Sitz der GbR, die Vertretungsberechtigung und die Gesellschafter. Allerdings darf aufgrund der Freiwilligkeit der Registrierung dieser praktische Vorteil nicht zulasten anderer Bieter positiv gewertet werden. Ansonsten läge eine vergaberechtlich unzulässige Ungleichbehandlung vor.
Für die Phase der Auftragserbringung, also nach Zuschlag, kann die Vergabestelle gemäß § 43 Abs. 3 VgV eine Rechtsform vorschreiben, „soweit dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrags erforderlich ist“ und der Auftraggeber dafür sachliche Gründe hat (vgl. Beck-OK VergabeR/Bultmann, 31. Ed. 1.2.2023, VgV § 43 Rn. 74).
Als sachliche Gründe werden z. B. angenommen, wenn die Vorfinanzierung von Bauleistungen über eine Projektgesellschaft abgewickelt werden soll oder für die Auftragserledigung eine Beleihung des Zuschlagsempfängers erforderlich ist (vgl. Beck-OK VergabeR/Bultmann, 31. Ed. 1.2.2023, VgV § 43 Rn. 74). Statt der Gründung einer GmbH oder anderen im Handelsregister eintragungsfähigen Gesellschaften, könnte dann zukünftig die „eGbR“ als Rechtsform vorgegeben werden. Ob dies gerechtfertigt ist, bleibt der Prüfung im Einzelfall vorbehalten. Deren Ergebnis hängt sicherlich auch davon ab, wie die „eGbR“ zukünftig betrachtet und akzeptiert wird.
- Fazit
Die Vorteile des MoPeG – abgesehen von der geschaffenen Rechtsklarheit – kommen in Vergabeverfahren der Vergabestelle zugute. Die Prüfung der Eignung kann erleichtert werden, wobei die Einreichung eines Gesellschaftsregisterauszuges aufgrund der Freiwilligkeit der Registrierung wohl nicht diskriminierungsfrei als Mindestanforderung gesetzt werden darf. Ob Bieter zukünftig für die erhöhte Rechtssicherheit zugunsten der Vergabestelle schon bei Teilnahme an einem Verfahren die Registrierung anstreben werden, bleibt abzuwarten.
von Grit Hömke, Rechtsanwältin/Legal Counsel bei der TenneT TSO GmbH
Dazu bietet die Bundesanzeiger Verlag GmbH ein Webinar am 11.06.2024 –> https://www.bundesanzeiger-verlag.de/veranstaltungen/events/gesetz-zur-modernisierung-des-personengesellschaftsrechts-personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz-mopeg/
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