Externe Hilfe bei der Angebotswertung – Anforderungen an „billigenden Prüfungsvermerk“
Zur Thematik des Einsatzes von externen Dritten im Rahmen des Vergabeverfahrens reiht sich eine kürzlich ergangene Entscheidung der VK Bund (B.v. 7.12.2022 – VK 1 – 95/22).
Wie bereits im Beitrag „Beschaffungsdienstleister dürfen Angebot öffnen“ dargestellt, ist Hintergrund auch hier, dass Auftraggeber bei der Durchführung von Vergabeverfahren sog. Beschaffungsdienstleister einbeziehen können, um auf deren besondere Expertise zuzugreifen, oder schlicht nicht (nur) eigene Personalressourcen einsetzen zu müssen.
Der Einsatz externer Dritter darf allerdings nie die Grenzen der bloßen Unterstützung überschreiten. Schließlich bleibt es bei dem Grundsatz, dass der öffentliche Auftraggeber „Herr des Verfahrens“ bleiben und sämtliche „wesentlichen“ Entscheidungen selbst treffen muss. Allein die Vergabestelle trägt die (ausschließliche) Verantwortung für den Beschaffungsvorgang (OLG Naumburg, B.v. 26.2.2004 – Verg 17/03). Abschließend aufzählen lassen sich diese „wesentlichen“ Entscheidungen zwar nicht, davon betroffen ist aber jedenfalls und insbesondere auch die Wertungsentscheidung selbst. Diese darf nicht auf Dritte delegiert werden, der Auftraggeber muss vielmehr selbst eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen (OLG Düsseldorf, B.v. 27.4.2022 – Verg 25/21).
Vorbereitungshandlungen Dritter sind allerdings auch in diesem Bereich nicht ausgeschlossen, der öffentliche Auftraggeber muss diese aber nachvollziehen und sich zu eigen machen. Ein bloßes „Abnicken“ genügt nicht (vgl. z.B. VK Lüneburg, B.v 2.11.2018 – VgK-40/2018; VK Nordbayern, B.v. 18.6.2020 – RMF-SG-21-3194-5-7). Dieser Pflicht und Verantwortung kommt der Auftraggeber hinreichend nach, wenn er die Wertung durch einen Freiberuflichen und dessen Zuschlagsvorschlag genehmigt, wobei diese Genehmigung zumindest durch einen billigenden Prüfungsvermerk mit verantwortlicher Unterschrift zum Ausdruck kommen soll (OLG Frankfurt, B.v. 9.7.2010 – 11 Verg 5/10).
Auch die VK Bund stellt in ihrem Beschluss nun heraus, dass hinsichtlich dieses „billigenden Prüfvermerks“ keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Nicht entscheidend ist zudem, ob sich die Zustimmung des Auftraggebers aus einem Vermerk unmittelbar auf dem Wertungsvorschlag, oder aber aus einem gesonderten Vermerk ergibt. Es muss lediglich zum Ausdruck kommen, dass die Wertungsentscheidung vom Auftraggeber selbst getragen wird und er sich den Wertungsvorschlag zu eigen macht. In der Vergangenheit wurden bspw. folgende Vermerke als ausreichend anerkannt: „inhaltlich richtig“ auf dem Vergabevermerk des Dienstleisters (OLG Frankfurt, B.v. 9.7.2010 – 11 Verg 5/10) oder wohl auch „einverstanden“ als Randvermerk (OLG München, B.v. 15.6.2005 – Verg 14/05; vgl. dazu VK Bund, B.v. 7.12.2022 – VK 1 – 95/22).
Freilich kann vor dem Hintergrund der niedrigen Anforderungen an den „billigenden Prüfvermerk“ die Abgrenzung zum „bloßen Abnicken“ unter Umständen schwierig sein. Während „inhaltlich richtig“ ein eigenes inhaltliches Nachvollziehen und eigene Überprüfung erkennen lässt, ist dies bei „einverstanden“ bereits weniger eindeutig. Insgesamt ist Auftraggebern anzuraten, eigene Erwägungen zum vorbereiteten Wertungsvorschlag lieber etwas ausführlicher und eindeutig festzuhalten, als ein ungenügendes „bloßes Abnicken“ zu riskieren.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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