Floskeln genügen nicht – Transparenz des Bewertungsprozesses
Eine der für Bieter relevantesten Phasen, wenn nicht gar die relevanteste Phase des öffentlichen Ausschreibungsprozesses ist die Bewertung ihres Angebotes. Während der Zuschlagsaspirant regelmäßig zufrieden mit den Bewertungsergebnissen sein wird, werden die erfolglosen Bieter gerade den Bewertungsprozess als solchen häufig hinterfragen.
Grundsätzlich steht dem Auftraggeber nämlich im Rahmen der Angebotsbewertung ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt überprüfbar ist. Zu dieser Überprüfungsmöglichkeit gehört aber auch, dass der wertungsrelevante Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und gewürdigt worden sein muss. (Nur) darauf aufbauend kann beurteilt werden, ob sachfremde Erwägungen angestellt wurden und der vorab festgelegte Bewertungsmaßstab eingehalten wurde.
Sorgfältige Dokumentation
Vor diesem Hintergrund gilt es für Auftraggeber, im Zuge des Bewertungsprozesses ein ganz besonderes Augenmerk auf Transparenz zu legen. In ganz besonderem Maße gilt dies für die Bewertung mündlicher Präsentationen.
Grundsätzlich gilt: je offener und abstrakter und damit „manipulationsanfälliger“ Bewertungsvorgaben sind, desto sorgfältiger muss die getroffene Entscheidung dokumentiert werden. Ist an der Bewertung ein Gremium beteiligt, gilt dies für die Bewertungsentscheidung eines jeden einzelnen Mitglieds.
Dokumentation mündlicher Präsentationen
In Bezug auf die Bewertung einer mündlichen Präsentation hat die VK Sachsen (Beschluss vom 28.07.2023, 1/SVK/011-23 unter Bezugnahme auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.03.2021, Verg 34/20 und VK Bund, Beschluss vom 12.04.2019, VK 1 – 11/19) dazu kürzlich herausgestellt, dass es die Dokumentation Vergabenachprüfinstanzen ermöglichen muss, die konkrete Wertungsentscheidung nachzuprüfen. Dies betrifft sowohl den Inhalt der Präsentation als auch die Aspekte, die zum jeweiligen Wertungsergebnis geführt haben. Die Dokumentation muss also gewährleisten, dass die Bewertung inhaltlich und im Ergebnis aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar ist.
Zwar bedeutet dies nicht, dass der öffentliche Auftraggeber zu einer stenografischen Protokollierung eines Gespräches, insbesondere einer Bieterpräsentation verpflichtet wäre. Jedoch ist der mündliche Vortrag der Bieter jedenfalls sinngemäß wiederzugeben und sind die für die Zuschlagsentscheidung maßgeblichen Erwägungen in allen (Zwischen-)Schritten eingehend zu dokumentieren, damit nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Bewertung eingegangen sind.
Fazit
Diese Entscheidung veranschaulicht wieder einmal, wie wichtig es für öffentliche Auftraggeber ist, auf hinreichende, sprich verständliche und nachvollziehbare Dokumentation zu achten. Dies gilt gerade und in besonderem Maße dort, wo Spielraum für Beurteilung besteht. Freilich ist dies mitunter recht (zeit-)aufwendig. Oftmals wird sich dieser Aufwand aber lohnen, weil damit die „Rechtfertigung“ einer Entscheidung steht und fällt.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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