Medianmethode ist unzulässig
Im Grundsatz ist der Auftraggeber frei darin, im jeweiligen Vergabeverfahren seine präferierte Wertungsmethode zu wählen, die Methode muss aber – vereinfacht gesagt – dazu taugen, das wirtschaftlichste Angebot nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu ermitteln. Entscheidungen, in denen sich Nachprüfungsinstanzen mit der Zulässigkeit der gewählten Wertungsmethode auseinandersetzen, sind selten.
Vor diesem Hintergrund sticht die kürzlich von der VK Bund ergangene Entscheidung (Beschluss vom 6.11.2023, VK 1 – 77/23) heraus: Die dort gewählte Medianmethode erklärte die Kammer für unzulässig.
Ausgestaltung der gewählten Wertungsmethode
Neben dem Preis sollte die Leistung, als produktiver Arbeitseinsatz in Stunden gemessen, bewertet werden. Dazu war vorgesehen, dass die Angebote in Abhängigkeit zum diesbezüglichen Medianwert aller eingereichten Angebote bewertet werden sollten. Bei ungerader Anzahl an Angeboten ist der Medianwert genau der Wert des „mittleren Angebots“, bei gerader Anzahl das arithmetische Mittel der mittleren beiden Werte.
Ausgehend von diesem Mittelwert des produktiven Arbeitseinsatzes sollten die weiteren Angebote in ihren Abweichungen in beide Richtungen abgestuft bewertet werden (maximale Punktzahl erhielten Angebote, die +/- 5% um den Median lagen, dann weiter abgestuft nach jeweils weiteren +/- 5%). Betroffen von der „Abwertung“ waren also sowohl schlechtere, als auch bessere Leistungswerte.
Unzulässige Wertungsmethode
Dieses Vorgehen befand die Vergabekammer als vergaberechtlich unzulässig: Die Bewertung des wirtschaftlichsten Angebots nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis muss sich nämlich nach vorab festgelegten und bekanntgemachten Kriterien (samt deren Gewichtung) bestimmen.
Dem entspricht die hier gewählte Medianmethode aber deshalb nicht, weil der Erfolg eines Angebots nicht davon abhängt, inwieweit es die vorab festgelegten, bekanntgemachten Kriterien erfüllt. Der Erfolg eines Angebots hängt vielmehr vom Angebotsverhalten der Mitbieter ab, die alle ihre Angebote gleichermaßen in Unkenntnis objektiver Kriterien abgeben. Denn erst durch die Parameter der Mitangebote ergibt sich der Maßstab der Bewertung.
In der Konsequenz kann es bspw. sein, dass ein auskömmliches Angebot mit hoher Produktivität nicht den Zuschlag erhält, weil Mitbieter weniger produktiv angeboten haben und dadurch der Median zu Lasten an sich besserer Angebote beeinflusst wird.
Fazit
Die dahinterstehende Idee mag nachvollziehbar sein: Hat der Auftraggeber selbst keine genauen Anhaltspunkte bzw. Wertgrößen bspw. bzgl. des Leistungsumfangs, möchte er dies den „Experten“ übertragen. Als Wertungsmethode ausgestaltet widerspricht dies aber der Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs. Bieter könnten sich dann nämlich verlockt sehen, bei Angebotserstellung spekulativ auf das Verhalten der Mitbewerber abzustellen und nicht auf reine Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
Datum: