Objektiv unzutreffende Eigenerklärungen sind als Nachweis der Eignung ungeeignet
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung hat das BayObLG (Beschluss vom 26.5.2023 – Verg 2/23) dazu ausgeführt, dass einer objektiv falschen Eigenerklärung des Bieters kein Beweiswert zukommt und diese entsprechend nicht zur Grundlage der Eignungsprüfung gemacht werden kann. In der Konsequenz ist das Angebot zwingend auszuschließen, da der Bieter seine Eignung – mangels prüffähiger Erklärung – nicht nachgewiesen hat. Die Eigenerklärung auf einen geltungserhaltenden Teil, sprich insoweit zu reduzieren, dass die Erklärung inhaltlich den Anforderungen entspricht, ist nicht möglich.
Ausgeschrieben war u.a. ein Los bzgl. der „Einsammlung von Hausmüll und Bioabfall“. Zum Nachweis der Eignung waren bzgl. der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit Angaben zum Gesamtumsatz sowie zum Umsatz „im Bereich der ausgeschriebenen Leistung“ zu machen, ohne dass diesbezüglich ein Mindestumsatz gefordert war. Bieter A benannte nicht nur seinen Umsatz für Haus- und Biomüll, sondern bezog auch die Umsätze für Altpapiersammlung mit ein. Der Auftraggeber bejahte As Eignung. Bieter B meinte, A sei nicht geeignet, da Papiersammlung nicht mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sei.
Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag ab. Der Vergabesenat des BayObLG sieht dies anders: Zunächst setzt sich der Senat mit der Vergleichbarkeit von Altpapierentsorgung und der Entsorgung von anderem Hausmüll auseinander und kommt zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um nicht vergleichbare Leistungen handelt. In der Konsequenz war die Eigenerklärung des A zu den Umsatzangaben objektiv falsch. Da falschen Eigenerklärungen kein Beweiswert zukommt, konnten sie nicht Grundlage der Eignungsprüfung sein.
Eine Nachforderung kam ebenso wenig in Betracht wie es möglich war, die Umsätze bzgl. der Papiersammlung „herauszurechnen“, um so die Erklärung auf einen „richtigen“ Inhalt zu reduzieren. Weder handele es sich bei der Einbeziehung zusätzlicher Umsätze um rein „formale Aspekte“, die es rechtfertigen könnten, die Eigenerklärung als „fehlende“ Unterlage zu qualifizieren, noch könnten hier Korrekturen vorgenommen werden (§ 56 Abs. 2 S. 1 VgV). Denn insoweit sind nur die Behebung „offensichtlich sachlicher Fehler“ und „offensichtlich gebotene Klarstellungen“ in einzelnen Punkten zulässig, vorausgesetzt, dadurch wird der Inhalt einer unternehmensbezogenen Unterlage nicht verändert. Bereits vorgelegte Unterlagen dürfen in inhaltlicher Hinsicht aber nicht nachgebessert werden.
In der Folge war das Angebot nach § 57 Abs. 1 HS 1 VgV zwingend auszuschließen.
Insbesondere vor dem Hintergrund der vergaberechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz ist die Entscheidung konsequent, wenn auch ärgerlich für Bieter A, zumal im vorliegenden Fall keine Mindestumsatzgrößen gefordert waren. Hätte er sich auf den Umsatz bzgl. der ausgeschriebenen Leistung beschränkt, wäre seine Eignung nicht daran gescheitert, auch wenn er bislang im entscheidenden Bereich nur kleinere Aufträge durchgeführt hatte.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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