Zur Stillhaltefrist – ein Nachschlag
Im letzten DTVP-Newsletter haben wir in unserem Beitrag „Zur Stillhaltefrist nach § 134 Abs. 2 GWB“ dazu ausgeführt, wie lange der Auftraggeber nach Informationserteilung abwarten muss, bevor er den Zuschlag erteilen darf. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Bremen (B.v. 04.11.2022 – 2 Verg 1/22) ging es insbesondere um die Frage, ob das Ende der Stillhaltefrist auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fallen könne. In diesen Zusammenhang fügt sich eine kürzlich durch die VK Bund ergangene Entscheidung (VK Bund v. 23.02.2023 – VK 2 – 2/23). Auch dort ging es um die Stillhaltefrist, die nach Absendung des Informationsschreibens nach § 134 Abs. 1 GWB einzuhalten ist.
Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB haben öffentliche Auftraggeber die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden, u.a. über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu informieren. § 134 Abs. 2 GWB stellt diesbezüglich Mindestfristen auf.
In dem der VK Bund zur Entscheidung vorliegenden Fall hatte der Auftraggeber im Informationsschreiben nach § 134 Abs. 1 GWB ausdrücklich mitgeteilt, den Zuschlag an einem konkret benannten Tag zu erteilen. Dieser Termin lag zeitlich nach der gesetzlich einzuhaltenden Mindeststillhaltefrist. Tatsächlich erteilte der Auftraggeber den Zuschlag dann aber bereits vor dem ausdrücklich genannten Termin, allerdings nach Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist von zehn Kalendertagen.
Die Kammer befand: Der Zuschlag war nicht wirksam erteilt worden, da der Auftraggeber die Stillhaltefrist nicht eingehalten hatte (vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 1 GWB).
Der Ablauf der gesetzlichen Mindestwartefrist ist nach dem klaren Wortlaut des § 134 Abs. 1 Satz 1 GWB unerheblich, sofern ein (darüber hinausgehender) konkreter Zeitpunkt mitgeteilt wurde. Zur Begründung führt die Kammer aus, dass die in § 134 GWB geregelte Wartefrist dem Zweck dient, den Bietern den Gang vor die Vergabekammern zu gewährleisten. Dies hängt maßgeblich von dem vom Auftraggeber mitgeteilten frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Entsprechend ist die konkrete Zeitangabe vom Auftraggeber einzuhalten – und zwar auch dann, wenn im Informationsschreiben eine längere Wartefrist als die gesetzlich vorgesehene Mindestfrist ausgewiesen wird. Außerdem würde dies auch der Vertrauensschutz gebieten, der bei den unterlegenen Bietern infolge der Datumsbenennung im Informationsschreiben entsteht.
Im Übrigen scheint die VK Bund aber daran festzuhalten, dass das Fristende der gesetzlichen Mindestwartefrist – nach wie vor – auch auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fallen könnte. Ohne Erwähnung der Entscheidung des OLG Bremen schreibt die VK Bund dazu: „(Die gesetzliche Wartefrist) wäre bereits mit Ende des Samstags, 14. Januar 2023, abgelaufen. (…) (So)dass die AG den Zuschlag nach § 134 Abs. 2 S. 2 GWB bereits am 15. Januar 2023 hätte erteilen können (…).“
Es bleibt also weiter abzuwarten, wie andere Nachprüfungsinstanzen die Frage des Fristendes der gesetzlichen Wartefrist beurteilen werden. Klar ist aber, dass längere (Termin-)Vorgaben vom Auftraggeber einzuhalten sind.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
Datum: