Vorstellung des Systems und der wichtigsten Funktionen sowie Durchführung einer Beispielausschreibung
Ausschreiben mit dem Deutschen Vergabeportal nach UVgO

E-Vergabe im Rahmen der UVgO – mit landesrechtlicher Besonderheit – Teil 1

Für den Bereich der Liefer- und Dienstleistungsaufträge[1] besteht die Pflicht zur „elektronischen Kommunikation“ grundsätzlich auch unterhalb der Schwellenwerte (§ 7 Abs. 1 UVgO). „Kommunikation“ ist dabei insoweit zu verstehen, als davon grds. jedweder Austausch von Daten im gesamten Vergabeverfahren, beginnend mit der Auftragsbekanntmachung über die Angebotsabgabe bis hin zur Vergabebekanntmachung gemeint ist.[2]

„Grundsätzlich“ bedeutet aber auch immer: Ausnahmen!

Allgemeine Ausnahmen

Zunächst einmal ist mündliche Kommunikation dann zulässig, wenn sie weder die Vergabeunterlagen noch die Teilnahmeanträge oder das Angebot betreffen und ausreichend dokumentiert wird (§ 7 Abs. 2 UVgO).

Auch in Fällen, in denen

  1. der geschätzte (Netto-)Auftragswert 25.000 € nicht überschreitet oder
  2. eine beschränkte Ausschreibung oder ein Verhandlungsverfahren jeweils ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird,

muss der Auftraggeber die elektronische Kommunikation nicht akzeptieren oder vorgeben (§ 38 Abs. 4 Satz 2 UVgO).

Ausnahmen von der elektronischen Bereitstellung der Vergabeunterlagen

Der Auftraggeber kann außerdem die Vergabeunterlagen nach § 29 Abs. 2 UVgO auf einem anderen als dem elektronischen Weg übermitteln, wenn die erforderlichen elektronischen Mittel zum Abruf der Vergabeunterlagen

  1. besondere, nicht allgemein verfügbare technische Geräte benötigen – bspw. wenn Kryptogeräte zum Einsatz kommen oder nicht allgemein zugängliche VPN-Router genutzt werden;
  2. proprietäre oder nicht allgemein verfügbare Software oder Dateiformate zur Beschreibung der Angebote benötigen – bspw. CAD oder DTP-Programme oder
  3. die Verwendung von Bürogeräten voraussetzen, die nicht allgemein zur Verfügung stehen – bspw. Großformatdrucker.

Ausnahmen von der elektronischen Einreichung von Angebot bzw. Teilnahmeantrag

In den vorgenannten Fällen besteht dann ebenfalls keine Verpflichtung zur elektronischen Einreichung des Angebots bzw. Teilnahmeantrags (§ 38 Abs. 5 UVgO). Diese Verpflichtung besteht auch dann nicht, wenn mit dem Angebot Muster oder Modelle einzureichen sind, die elektronisch nicht übermittelt werden können.

Auch wenn besondere Gefahren für die Sicherheit der elektronischen Kommunikation bestehen oder wenn besonders sensible Informationen betroffen sind, besteht eine Ausnahme zum Grundsatz der elektronischen Angebotsabgabe.

Zudem müssen elektronische Angebote oder Teilnahmeanträge dann nicht akzeptiert oder vorgegeben werden, wenn

  1. der geschätzte (Netto-)Auftragswert 25.000 € nicht überschreitet, oder
  2. eine beschränkte Ausschreibung oder ein Verhandlungsverfahren jeweils ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird.

Trotz Ausnahme – Beachtung der vergaberechtlichen Grundsätze

Sofern Ausnahmen greifen, kann die Kommunikation schriftlich[3] auf dem Postweg, per Fax oder auf anderem geeigneten Weg oder auch durch Kombination dieser Mittel erfolgen. Weil die oben genannten Ausnahmen den Auftraggeber aber nicht davon entbinden, die vergaberechtlichen Grundsätze zu beachten, wird eine „einfache E-Mail“ zu Kommunikationszwecken auch bei Vorliegen von Ausnahmen regelmäßig nicht ausreichen.[4]

Landesrechtliche Ausnahmen

Da jedes Bundesland die UVgO separat umsetzt, können sich darüber hinaus aber auch auf Landesebene Ausnahmen bzw. Besonderheiten finden:[5]

BundeslandRegelungInhalt
Baden-WürttembergZiff. 6 VwV Beschaffung [6]Die elektronische Kommunikation einschließlich Angebotsabgabe kann per E-Mail erfolgen, wenn eine beschränkte Ausschreibung oder eine Verhandlungsvergabe jeweils ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird.
Der Auftraggeber hat dabei allerdings sicherzustellen, dass Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden (bspw. durch Einrichtung einer Funktions-E-Mail-Adresse für die Angebotseinreichung, auf die nur Beschäftigte Zugriff haben, die nicht der Bedarfsstelle angehören).
BayernZiff. 1.5 VVöA Die elektronische Kommunikation einschließlich Angebotsabgabe kann per (einfacher) E-Mail erfolgen, wenn eine beschränkte Ausschreibung oder eine Verhandlungsvergabe jeweils ohne Teilnahmewettbewerb durchgeführt wird. Besondere Anforderung an das einzuhaltende Datensicherheitsniveau gelten in diesem Zusammenhang nicht.
Der Auftraggeber hat allerdings durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Manipulationsmöglichkeiten verhindert werden (bspw. durch Einrichtung einer Funktions-E-Mail-Adresse für die Angebotseinreichung, auf die nur Beschäftigte Zugriff haben, die nicht der Bedarfsstelle angehören).
BerlinZiff. 8.2 und 8.3 VV zu § 55 LHO BerlinAbweichend von § 38 Abs. 4 Nr. 2 UVgO sind beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb grds. im Rahmen der elektronischen Auftragsvergabe durchzuführen, wenn der voraussichtliche Auftragswert 25.000 € (ohne Umsatzsteuer) erreicht.
Die elektronische Vergabe der landesunmittelbaren Verwaltung hat über die Elektronische Bekanntmachungs- und Vergabeplattform des Landes Berlin zu erfolgen.
BrandenburgZiff. 4.2 und 4.3 VV zu § 55 LHO BrandenburgIm Anwendungsbereich der UVgO soll die Durchführung der Vergabeverfahren als E-Vergabe erfolgen.
Eine Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation (§ 7 Abs. 1 UVgO), zur elektronischen Bereitstellung der Vergabeunterlagen (§ 28 Abs. 2 Nr. 9, 1. Alt, § 29 Abs. 1 UVgO) und zur Akzeptanz bzw. Vorgabe der elektronischen Einreichung von Angeboten oder Teilnahmeanträgen (§ 38 Abs. 2 und Abs. 3 UVgO) besteht allerdings nicht.
Für Bekanntmachungen der unmittelbaren Landesverwaltung ist die elektronische Vergabeplattform „Vergabemarktplatz Brandenburg“ verpflichtend zu nutzen.
BremenKeine Abweichungen im Anwendungsbereich der UVgO.
HamburgZiff. I.7. HmbVgRLSämtliche elektronische Kommunikation erfolgt grds. über das E-Vergabesystem der FHH (eVa). Bei allen zu veröffentlichenden Verfahren ist das E-Vergabesystem zwingend zu verwenden, es sei denn, nach UVgO ist eine Ausnahme von der Verwendung elektronischer Mittel vorgesehen.
Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb mit einem Auftragswert von bis zu 100.000 € können auch über den Webshop durchgeführt werden. Abrufe aus Rahmenvereinbarungen sollen über den Webshop erfolgen.
Beschränkte Ausschreibungen und Verhandlungsvergaben jeweils ohne Teilnahmewettbewerb mit einem Auftragswert von bis zu 100.000 € können auch per E-Mail durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere für die Bereitstellung der Vergabeunterlagen, die Bieterkommunikation, das Einreichen der Angebote und die Erteilung des Zuschlags. Es ist aber in besonderem Maße darauf zu achten, dass Beschränkungen des Wettbewerbs und Manipulationen verhindert werden.
HessenZiff. 2.1.1 lit. a; lit. f und lit. g VergabeerlassDie Anwendung von § 7 Abs. 1, 3 und 4 UVgO i.V.m. § 38 Abs. 3 UVgO sowie §§ 29 und 39 UVgO – sprich die elektronische Kommunikation, insbesondere die elektronische Bereitstellung der Vergabeunterlagen, die Vorgabe zur elektronischen Einreichung von Angeboten bzw. Teilnahmeanträgen sowie die verschlüsselte Speicherung elektronischer Angebote bzw. Teilnahmeanträge – ist freigestellt.
Die Veröffentlichung von Auftragsbekanntmachungen hat zuerst in der Hessischen Ausschreibungsdatenbank (HAD) zu erfolgen, weitere Veröffentlichung in anderen Medien ist fakultativ.
Auch die Vergabebekanntmachung ist in der HAD zu veröffentlichen.

[1] Demgegenüber besteht im Rahmen der VOB/A grds. ohnehin eine größere Wahlmöglichkeit für den Auftraggeber bezüglich von Vorgaben zur Kommunikation (vgl. etwa §§ 11, 13 VOB/A). Da Ausnahmen und Besonderheiten zu Kommunikationsvorgaben damit im Rahmen der Vergaben nach VOB/A keine so große Rolle spielen, wie im Rahmen der Vergaben nach UVgO, beschränkt sich der hiesige Beitrag auf Letztere.

[2] § 7 Abs. 1 UVgO: „Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden der Auftraggeber und die Unternehmen grundsätzlich Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung (elektronische Mittel) nach Maßgabe dieser Verfahrensordnung.“

[3] Mündliche Kommunikation ist nur in den engen Grenzen des § 7 Abs. 2 UVgO zulässig.

[4] Vgl. insbesondere § 39 UVgO.

[5] Besonderheiten können sich auch auf Kommunalebene finden, was allerdings nicht Gegenstand des hiesigen Beitrags ist.

[6] Die neue VwV Beschaffung vom 23.7.2024 tritt zum 1.10.2024 in Kraft.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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