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Möglichkeiten der Markterkundung

Wesentliches Merkmal eines jeden Beschaffungsvorhabens ist das Leistungsbestimmungsrecht des öffentlichen Auftraggebers. Genau wie Private darf der öffentliche Auftraggeber nämlich die Art der zu vergebenden Leistung und des Auftragsgegenstands selbst bestimmen. Neben einer Bedarfsanalyse setzt die nachhaltige Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts häufig jedoch eine beschaffungsbezogene Markterkundung voraus. Entsprechend bestimmt § 28 Abs. 1 VgV ausdrücklich, dass der Auftraggeber vor Einleitung, zur Vorbereitung der Auftragsvergabe Markterkundungen durchführen darf.

Auf der anderen Seite ist die Durchführung von Vergabeverfahren allein zur Markterkundung und zum Zwecke der Kosten- und Preisermittlung unzulässig (vgl. § 28 Abs. 2 VgV). Mit anderen Worten muss der öffentliche Auftraggeber jedes Vergabeverfahren mit der Absicht einer Zuschlagsentscheidung initiieren.

Eine grundsätzliche Pflicht, im Vorfeld oder im Zuge einer Bedarfsbestimmung eine Markterkundung vorzunehmen, ergibt sich für den öffentlichen Auftraggeber jedoch nicht (bspw. VK Westfalen, B.v. 16.3.2022, VK 2 – 7/22). In bestimmten Fällen kann eine Markterkundung allerdings auch einmal notwendig – und damit quasi verpflichtend – sein, um Ausschreibungsreife herzustellen. So bspw., wenn es sich um die Beschaffung von Leistungen handelt, die ein Auftraggeber nicht alltäglich ausschreibt oder bei denen innerhalb kurzer Zeiträume (technische) Fortentwicklung möglich ist (VK Bund, B.v. 10.6.2015, VK 1 – 40/15). Entscheidend kommt es damit auf die Umstände des Einzelfalls an. Freilich wird es in vielen Fällen ohnehin anzuraten sein, eine Markterkundung durchzuführen, anderenfalls besteht die konkrete Gefahr, dass der öffentliche Auftraggeber trotz seines umfassenden Leistungsbestimmungsrechts im Ergebnis nicht das erhält, was er tatsächlich benötigt. Zweck der Markterkundung ist es, dass der öffentliche Auftraggeber einen ausreichend guten Überblick darüber erhält, was der Markt an Lösungen bereithält, sodass er die tatsächlich gewünschte Leistung ausschreiben kann.

Eine vorab ordnungsgemäß durchgeführte Markterkundung kann bspw. auch im Zusammenhang mit der Wahl einer bestimmten Verfahrensart oder einer produktspezifischen Ausschreibung relevant werden. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb mit nur einem Teilnehmer setzt voraus, dass es keine vernünftigen Alternativen oder Ersatzmöglichkeiten gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung ist (§ 14 Abs. 6 VgV). Und auch eine produktspezifische Ausschreibung verlangt, dass dies durch den Auftragsgegenstand selbst gerechtfertigt ist. Eine umfassende vorangegangene Markterkundung kann – sofern hinreichend dokumentiert – dazu dienen, dies zu belegen.

Und was ist bei der Durchführung der Markterkundung aus vergaberechtlicher Sicht zu beachten?

  • 28 VgV selbst sind keine Vorgaben an die Art und Weise der Markterkundung zu entnehmen. Es kommen mithin die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und Transparenz zum Tragen. Konkret bedeutet dies, dass bei einer Markterkundung stets mehrere Unternehmen anzusprechen bzw. anzuschreiben sind, wie dies etwa im Rahmen von Messebesuchen der Fall wäre. Zudem sind allen Unternehmen stets die gleichen Informationen zu geben. Und Wissensvorsprünge eines bereits im Rahmen der Markterkundung beteiligten Unternehmens, die aus der Sphäre des Auftraggebers stammen, sind zu vermeiden (OLG Frankfurt a.M., B.v. 12.4.2022 – 11 Verg 11/21). Dies bedeutet zwar nicht, dass alle Marktteilnehmer Anspruch auf Teilnahme an der vorangehenden Markterkundung hätten, Informationsvorsprünge sind aber auf geeignete Weise, etwa durch entsprechende Ausgestaltung der Leistungsbeschreibung, auszugleichen.

Schließlich sind auch bereits im Stadium der Markterkundung die Dokumentationspflichten zu beachten. Es empfiehlt sich, etwaigen Schriftverkehr und/oder Prospekte etc. als Teil der Vergabeakte abzuheften und Gesprächsvermerke anzufertigen.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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