Ohne (richtige) Anhörung kein Ausschluss

Nur verständlich, dass Auftraggeber einen Auftrag nicht an einen Bieter vergeben möchten, der in der Vergangenheit nicht zufriedenstellend oder gar schlecht geleistet hat. Und (vermeintliche) „Schlechtleistungen“ kommen gerade im Baubereich nicht selten vor. Mit § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB i.V.m. § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A und § 6a Abs. 1 Satz 1 VOB/A besteht für Auftraggeber im Grundsatz auch die Möglichkeit, „Schlechtleister“ nicht wieder beauftragen zu müssen. Dies geht aber nicht so ohne Weiteres.

Jedenfalls muss dem Angebotsausschluss grundsätzlich eine Anhörung des betroffenen Bieters vorangehen. Und diese Anhörung muss offen ausgestaltet sein. Zu den konkreten Anforderungen hat die Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 23.10.2024, RMF-SG21-3194-09-28) kürzlich ausgeführt.

Sachverhalt

Zweifel an der Eignung des Bieters waren deshalb aufgekommen, weil diesem im Rahmen eines anderen Bauvorhabens (unwidersprochen) (teil-)gekündigt worden war. Dies aufgrund von Ausführungsfehlern und unzureichender Mängelbeseitigung. Vor dem Ausschluss wurde dem Bieter Gelegenheit gegeben, sich zu Selbstreinigungsmaßnahmen zu äußern. Der Bieter teilte daraufhin mit, dass die Kündigung zu Unrecht erfolgt sei. Mängel wären aufgrund unzureichender Ausführungsplanung entstanden, deren Beseitigung sei erfolgt, sodass keine Selbstreinigungsmaßnahmen erforderlich gewesen waren.

Gleichwohl schließt der Auftraggeber den Bieter aus.

Ausschlussgrund nicht richtig belegt

Für den Ausschluss eines „Schlechtleisters“ genügt es nicht, dass der (frühere) Auftraggeber gekündigt, einen Schadensersatzanspruch geltend gemacht oder eine Maßnahme ergriffen hat, die eine vergleichbare Rechtsfolge nach sich zieht. Mit anderen Worten genügt es nicht, schlicht den Gesetzeswortlaut zu wiederholen und darauf zu verweisen, dass einer Kündigung nicht widersprochen wurde. Vielmehr muss die jeweilige Konsequenz auch zu Recht gezogen worden sein.

Um dies zu belegen, muss der Auftraggeber eine entsprechende Prüfung durchführen und (eingehend) dokumentieren. Dabei kommt es auf den zugrunde gelegten Sachverhalt ebenso an, wie auf dessen rechtliche Würdigung.

Im Rahmen der von ihm diesbezüglich anzustellenden Ermessenserwägungen sind auch gegen einen Ausschluss sprechende Belange zu berücksichtigen, bspw. auch, welchen Umfang die Mängel in Bezug auf den Gesamtauftrag hatten.

Keine (richtige) Anhörung

In diesem Zusammenhang ist zudem eine offene Anhörung des betroffenen Bieters durchzuführen, die sich nicht nur auf einzelne Aspekte beziehen darf. Vielmehr muss dem Bieter Gelegenheit gegeben werden, sich – quasi spiegelbildlich zu den notwendigen Prüfungspunkten des Auftraggebers – in Bezug auf sämtliche Voraussetzungen des Ausschlussgrundes zu äußern: neben Selbstreinigungsmaßnahmen also auch zu den Tatbestandsvoraussetzungen ebenso wie zur Verhältnismäßigkeit des Ausschlusses.

Fazit

Freilich verbleibt dem Auftraggeber am Ende ein Spielraum im Rahmen seiner Einschätzungsprognose. Allerdings kommt er dazu erst und nur dann, wenn überhaupt der Sachverhalt vollständig ermittelt und korrekt zugrunde gelegt wurde und er sein Ermessen korrekt angewandt hat.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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