Beitragsreihe: Grundlagen für Bieter – Eignung und Eignungsanforderungen im Vergabeverfahren
Mit diesem Beitrag wird die Artikelreihe zum Vergaberecht aus Bietersicht fortgesetzt. In diesem Beitrag werden die Anforderungen an Eignungskriterien sowie die korrekte Erfüllung dargestellt.
- Eignung als Eingangsvoraussetzung
Das Vergaberecht unterscheidet bei der Auswahl des besten Angebotes zwischen Eignungskriterien, Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien. Eignungskriterien fragen die Befähigung des Bieters ab, den ausgeschriebenen Auftrag erfüllen zu können.
Die Prüfung der Eignungskriterien ist dabei eine vorgezogene Stufe der Auswertung. Wird diese Hürde vom Bieter nicht erfolgreich genommen, ist sein Angebot auszuschließen. In Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb erfolgt die Prüfung der Eignungskriterien im Teilnahmewettbewerb. Werden die dort festgelegten Anforderungen nicht erfüllt, erreicht der Bieter die nächste Verfahrensphase nicht, d.h. wird nicht zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert.
- zulässige Eignungskriterien
Eignungskriterien sind so festzulegen, dass diese auftragsbezogen und sachgerecht ausgestaltet sind. In Vergabeverfahren ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren (§ 97 Abs. 1 Satz 2 GWB) und sind insbesondere die Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis zu gestalten (§ 122 Abs.1 Satz 1 GWB). Für öffentliche Auftraggeber gilt bei der Beschaffung von Dienstleistungen und Lieferleistungen nach VgV, dass die Befähigung der Bieter unter drei Aspekten abgefragt wird:
- Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung (§ 44 VgV)
- Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit (§ 45 VgV)
- Technische und berufliche Leistungsfähigkeit (§ 46 VgV)
Bei den Eignungsnachweisen kann es sich um Eigenerklärungen des Bieters oder Bewerbers handeln (z.B. Erklärung zum Umsatz, Bilanzkennzahlen, Angaben zur Anzahl der bei dem Unternehmen Beschäftigten, zur technischen Ausrüstung des Unternehmens etc.) oder um Erklärungen von Dritten (z.B. Erklärungen von Banken oder Versicherungen, Bescheinigungen amtlicher Stellen, Zertifizierungen etc.) (Eschenbruch/Opitz/Röwekamp/Dietrich, 2. Aufl. 2019, SektVO § 45 Rn. 27).
Die Kenntnis davon, welche Eignungskriterien zulässig sind, hilft bei der Entscheidung, ob ein Hinweis an die Vergabestelle sinnvoll ist. Das Eignungskriterium muss geeignet und erforderlich sein, um die Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den ausgeschriebenen Auftragsgegenstand nachzuweisen. Dabei sind unter anderem die Komplexität des Auftrags sowie das Gewicht, das eine ordnungsgemäße Auftragserfüllung für den Auftraggeber hat, in den Blick zu nehmen (OLG Düsseldorf NZBau 2018, 707 [709] Rn. 41 – Bibliothekeninfrastruktur). Insgesamt kommt es bei der Ausgestaltung der Eignungskriterien – insbesondere bei den Anforderungen an die vorzulegenden Referenzen – darauf an, ob die geforderten Leistungen und Nachweise einen tragfähigen Rückschluss auf die erforderliche Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnen (OLG Schleswig NZBau 2016, 593 – dataport; Senat NZBau 2007, 468 – Reinigungsarbeiten).
Zulässig sind regelmäßig Abfragen zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen, Registereintragungen, Nachweise besonderer beruflicher Qualifikationen, wenn diese für die Erfüllung des Auftrages notwendig sind, sowie Referenzen. Diese Liste ist nicht abschließend, da es abhängig vom Auftragsgegenstand sinnvoll sein kann, weitere Nachweise zu verlangen, die als sinnvolle Grundlage für die Prognose dienen, dass der Bewerber bzw. Bieter die zu beauftragende Leistung erfüllen kann.
- Referenzen
Referenzen dienen als Nachweis dafür, dass der Bewerber bzw. Bieter eine mit dem zu vergebenen Auftrag vergleichbare Leistung bereits erbracht hat und daher voraussichtlich in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen. Referenzen sollen Auskunft über die Leistungsfähigkeit des Personals und die Leistungsfähigkeit der Unternehmensorganisation als Ganzes geben.
Die Vergabestelle ist berechtigt, die Referenzangaben bei dem angegebenen Referenzgeber zu prüfen. Eine bloße stichprobenartige Prüfung der vorgelegten Referenzen durch die Vergabestelle ist jedoch ausreichend (VK Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 2. 4. 2009, Az. VK 9/09). Sie kann dafür die Angabe von konkreten Ansprechpartnern beim Referenzgeber verlangen. Unternehmen, die an öffentlichen Auftragsvergaben teilnehmen, sind daher gut beraten, sich frühzeitig beim Referenzgeber die Zustimmung der Weitergabe der dafür notwendigen Daten erteilen zu lassen. Regelmäßig sollte dies unabhängig von einer aktuellen Beteiligung an einer Ausschreibung bei der Bitte um die Erteilung einer Referenz vorsorglich abgefragt werden.
Die Abfrage der Referenzen bezieht sich auf die letzten drei Jahre (§ 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV). Der Zeitraum kann erweitert werden, wenn dafür eine sachliche Grundlage besteht, z.B. der zu vergebende Auftrag üblicherweise einen mehrjährigen Zeitraum abdeckt. Gerade bei Planungsleistungen, welche die Lph1-8 abdecken und damit die Begleitung eines Bauvorhabens von der Planung bis zur Fertigstellung, ist die Erweiterung des Zeitraums auf regelmäßig fünf Jahre üblich und sachgerecht.
Die Geeignetheit der Referenz ist nur gegeben, wenn ein Mindestmaß an Vergleichbarkeit zwischen der referenzierten Leistung und der ausgeschriebenen Leistung besteht (OLG Frankfurt, Beschl. vom 23. Dez. 2021 – 11 Verg 6/21, ZfBR 2022, 295). Dafür ist es nicht erforderlich, dass die eingereichte Referenz alle Leistungsmerkmale des zu vergebenden Auftrages gleichartig abdeckt. Da eine Referenz nur gefordert werden darf, wenn sie die Leistungsfähigkeit für die ausgeschriebene Leistung prognostisch absichern kann, bleibt allerdings immer zu fordern, dass jedenfalls Kernelemente der ausgeschriebenen Leistung auch Bestandteil der referenzierten Leistung waren (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. vom 23. Dez. 2021 – 11 Verg 6/21, ZfBR 2022, 295, 299).
- Checkliste für Eignungsnachweise
Da der vollständige Nachweis der Eignung eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des eingereichten Angebotes ist, sollte auf die Erfüllung der Anforderungen besondere Sorgfalt verwendet werden. Dabei ist zu beachten, dass die Eignungsanforderungen von Ausschreibung zu Ausschreibung im Detail voneinander abweichen können. Daher ist zu empfehlen, eine Liste (Checkliste) der einzureichenden Eignungsnachweise umgehend nach Durchsicht der Unterlagen zu erstellen. Anhand der Liste kann direkt erkannt werden, welche Unterlagen bereits vorliegen (z.B. Umsatzzahlen, Mitarbeiterzahlen, Qualifikationsnachweise) und welche Unterlagen gesondert erstellt oder eingeholt werden müssen (z.B. aktueller Handelsregisterauszug, technische Nachweise, aktuelle Referenzen).
Manche Vergabestellen liefern eine Checkliste für die Unterlagen mit. Der guten Form halber sollte diese Liste mit den veröffentlichten Anforderungen gemäß der Bekanntmachung abgeglichen werden. Denn die Verantwortung für die Vollständigkeit des Angebotes liegt beim jeweiligen Bieter.
Sollte trotz aufmerksamer Handhabung ein Eignungsnachweis nicht, nicht vollständig oder fehlerhaft eingereicht werden, kann die Vergabestelle diesen nachfordern. Dies ist für unternehmensbezogene Unterlagen, zu denen die Eignungsnachweise gehören, gemäß § 56 Abs. 2 VgV möglich. In manchen Ausschreibungen gibt die jeweilige Vergabestelle an, dass sie sich die Nachforderung vorbehält. In diesem Fall oder wenn zur Nachforderung nichts angegeben ist, entscheidet die Vergabestelle nach Eingang der Angebote, ob sie nachfordert. Einen Anspruch auf Nachforderung hat der Bieter nicht; umso wichtiger ist es, die Vollständigkeit der Eignungsnachweise schon im ersten Schritt zu gewährleisten.
- Folge des Fehlens von Eignungsnachweisen
Bleibt der Bewerber bzw. Bieter die Eignungsnachweise oder einzelne Eignungsnachweise schuldig, kann das Angebot für die weitere Wertung nicht berücksichtigt werden. Es folgt somit der Ausschluss aus dem Verfahren. Denn § 122 Abs. 1 GWB regelt, dass öffentliche Aufträge nur an fachkundige und leistungsfähige Unternehmen vergeben werden, die nicht ausgeschlossen worden sind.
Eine Mitteilung über den Ausschluss wegen fehlender, fehlerhafter oder unvollständiger Eignungsnachweise sollte vom Bewerber bzw. Bieter genau geprüft werden. Denn das Angebot selbst ist dann regelmäßig nicht geprüft worden. Sollte die Entscheidung angreifbar sein, besteht weiter die Chance auf den Auftrag. Denn die Vergabestelle wäre dann gehalten, den Ausschluss zurückzunehmen und das Angebot zu bewerten. Auf die Wahrnehmung der Rechtsschutzmöglichkeiten geht der fünfte und letzte Teil dieser Reihe genauer ein.
Teil 1 der Beitragsreihe Grundlagen für Bieter – rechtlicher Rahmen und praktische Hinweise
von Grit Hömke, Rechtsanwältin/Legal Counsel bei der TenneT TSO GmbH
Datum: