Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Mit dem Beschluss der VK Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 5.8.2020, 3 VK LSA 27/20) fügt sich ein weiterer in die Reihe von Entscheidungen ein, die – zu Recht – nachträgliche Änderungen des Angebots durch inhaltliche Nachbesserung nicht zulassen. Dies gilt selbstverständlich und gerade auch, wenn sich die inhaltliche Nachbesserung im Zuge einer (unzulässigen) Nachforderung von Nachweisen ergibt.
In dem von der Vergabekammer zu entscheidendem Fall hatte der Auftraggeber in der Bekanntmachung angegeben, dass präqualifizierte Unternehmen den Eignungsnachweise durch Eintragung in ein Präqualifikationsverzeichnis führen. Unternehmen, die dort nicht eingetragen sind, hatten zunächst Eigenerklärungen über die Eignung vorzulegen, die ggf. später durch entsprechende Bescheinigungen zu bestätigen waren, sofern das jeweilige Angebot in die engere Wahl kommen sollte.
Die Präqualifizierung ist eine vorgelagerte Eignungsprüfung eines Unternehmens, die unabhängig von einem konkreten Vergabeverfahren durchgeführt wird. Entsprechend festgelegter und definierter Kriterien wird so auftragsunabhängig geprüft, in Bezug auf welche Leistungsbereiche das Unternehmen Fachkunde besitzt. In einem konkreten Vergabeverfahren genügt dann die bloße Verweisung auf die Präqualifizierung, sofern die ausgeschriebene Leistung mit den eingetragenen Leistungsbereichen vergleichbar ist. Soweit keine Vergleichbarkeit gegeben ist, bleibt es dem Bieter unbenommen, zusätzliche Eignungsnachweise mit dem Angebot vorzulegen.
Ein Bieter verwies allein auf seine Eintragung im Präqualifikationsverzeichnis. Die dort eingetragenen Leistungsbereiche waren allerdings nicht mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar, sodass seine Fachkunde nicht allein durch seine Präqualifizierung nachgewiesen werden konnte.
Der Auftraggeber musste dessen Eignung aber allein daran beurteilen. Der Verweis auf das Präqualifikationsverzeichnis war als Eignungsnachweis vergaberechtskonform gefordert worden. Eine Nachforderung weiterer Unterlagen, die die Eignung hätten belegen können, war in diesem Fall unzulässig, da die im Präqualifikationsverzeichnis hinterlegten Unterlagen in formaler Hinsicht den Anforderungen entsprachen, und „nur“ inhaltlich nicht in der Lage waren, die Eignung des Bieters zu bestätigen. Eine Nachforderung derjenigen Nachweise, die die hiesige Eignung bestätigt hätte, war vor dem Hintergrund der Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung unzulässig, da die Nachforderung bei inhaltlich fehlerhaften Nachweisen eine unzulässige Nachbesserung, also eine inhaltliche Änderung des Angebots bedeutet.
Ärgerlich im hiesigen Fall war freilich, dass der Bieter an sich die geforderte Eignung gehabt hätte und diese durch weitere Unterlagen hätte nachweisen können.
Entsprechend kann Bietern nur eindringlich geraten werden, nicht „blind“ auf eine Präqualifizierung zu vertrauen, sondern stets im konkreten Einzelfall zu kontrollieren, ob die jeweiligen Anforderungen auch tatsächlich durch die Präqualifizierung gedeckt werden: „Wählt ein Bieter den für ihn zeit- und kostengünstigen Weg des Eignungsnachweises aufgrund seiner Präqualifikation, hat er jedoch die dort hinterlegten Informationen, also auch die Referenzen – wie ein nicht präqualifizierter Bieter – gegen sich gelten zu lassen. Das Risiko, dass die im PQ-System hinterlegten Informationen als Nachweise für den konkreten Auftrag nicht geeignet sind, hat er zu tragen. Mit dem Nachweis seiner Eignung im Angebot ist der Bieter grundsätzlich an diese Erklärung gebunden, und eine Abänderung dieses Eignungsnachweises ist nicht zulässig.“
Quasi spiegelbildlich sind Auftraggeber bei der Prüfung allein auf diejenigen (ordnungsgemäß geforderten) Eignungsnachweise beschränkt, die von den Bietern vorgelegt werden – dies gilt auch in Bezug auf Verweise auf Präqualifizierungen.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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