Wer (unter-)schreibt, der bleibt!
Es gibt sie tatsächlich: Fälle, bei denen Angebote nicht oder nicht an der benannten Stelle unterschrieben sind oder denen die geforderte Signatur nicht beigefügt ist. Darf der öffentliche Auftraggeber die fehlende Unterschrift/Signatur in diesen Konstellationen nachfordern oder muss er das Angebot von der Wertung ausschließen? Und was gilt, wenn sich die Unterschrift/Signatur allein auf dem Angebotsanschreiben findet. Das OLG Düsseldorf hatte über einen derartigen Sachverhalt zu entscheiden (Beschluss vom 13.04.2016 – Verg 52/15). Die Entscheidung soll im folgenden Beitrag dargestellt werden.
Sachverhalt:
Der Auftraggeber schrieb IT-Leistungen europaweit im offenen Verfahren aus. Angebote waren ausschließlich elektronisch einzureichen und mussten von den Bietern an einer genau bezeichneten Stelle elektronisch signiert werden. Unterhalb des Unterschriftenfelds hieß es: „Ist das Angebot nicht wie gefordert signiert bzw. unterschrieben, muss es zwingend von der Wertung ausgeschlossen werden.“ Entgegen den Vorgaben der Vergabeunterlage signierte Bieter A sein Angebot nicht an der vorgegebenen Stelle. Lediglich das dem Angebot beigefügte Anschreiben wies die relevante elektronische Signatur auf.
Im Zuge eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer forderte der Auftraggeber die nicht ordnungsgemäß geleistete Signatur auf dem Angebotsvordruck nach. Dem entsprach Bieter A, woraufhin der Auftraggeber ihm den Zuschlag erteilen wollte.
Hiergegen wendet sich Bieter B, dessen Angebot ursprünglich für den Zuschlag vorgesehen gewesen war.
Entscheidungsgründe:
Ohne Erfolg. Der Auftraggeber musste das Angebot des Bieters A nicht zwingend wegen Mängeln hinsichtlich der Unterschrift bzw. Signatur ausschließen.
Das OLG stellte zwar zunächst fest, dass eine fehlende Unterschrift/Signatur oder eine unzureichende Signatur den Ausschluss des Angebots nach sich ziehen muss. Allerdings kam der Vergabesenat im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, dass die unter das Anschreiben gesetzte formgemäße Signatur den gesamten Angebotsinhalt umfasse.
Nach Ansicht der Richter bestand auch keine größere Manipulationsgefahr. Die Verbindung einzelner Dokumente wird durch deren Herstellung und Absendung in einem gesicherten System sichergestellt. Solange sich die Urkundeneinheit aus gegenseitiger Bezugnahme einwandfrei ergibt und Unterschriften den gesamten Text decken, kann die Unterzeichnung auf verschiedenen Blättern unschädlich sein.
Von daher kam es nicht mehr darauf an, ob die Signatur nachgefordert werde durfte. Der Senat stellte jedoch klar, dass sich die Nachforderungsmöglichkeit allein auf fehlende Erklärungen und Nachweise beziehe. Folglich könne zwar die fehlende Unterschrift unter einer dem Angebot beigefügten Erklärung nachgefordert werden, nicht aber die fehlende Unterschrift unter dem Angebot bzw. dem Angebotsschreiben selbst.
Fazit:
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf sollte von Unternehmen nicht dahingehend missverstanden werden, dass Formvorgaben des Auftraggebers missachtet werden können oder es keine keine Rolle spiele, wo das Angebot unterzeichnet wird. Eine richterliche Auslegung des Angebots muss nicht immer zum Ergebnis haben, dass die Unterschrift unter einem Anschreiben das gesamte Angebot umfasst. Um die schwierige Abgrenzung zwischen fehlender (Angebots-)Unterschrift/Signatur auf der einen und der fehlenden Unterschrift/Signatur unter sonstige Erklärungen auf der anderen Seite zu vermeiden, sollten öffentlichen Auftraggeber wiederum unmissverständlich klar stellen, wo genau die Bieter das Angebot unterzeichnen/signieren müssen und welche Konsequenzen eine fehlende Unterschrift/Signatur nach sich zieht. Ferner empfiehlt es sich, festzuhalten, welche Dokumente und Erklärungen von der zu leistenden Unterschrift/Signatur umfasst sind.
von Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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