Bereitzustellen ist nur das, was man hat?
Der Wortlaut des § 41 Abs. 1 VgV ist eindeutig. Danach hat der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung eine elektronische Adresse anzugeben, unter der die Vergabeunterlagen unentgeltlich, uneingeschränkt, vollständig und direkt abgerufen werden können. Dies wird jedoch den Bedürfnissen der Beschaffungspraxis, in besonderem Maße bei Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb, nicht gerecht und daher als nicht praktikabel empfunden.
Etwas Abhilfe schafft nunmehr die VK Westfalen in ihrem Urteil vom 26.03.2018, welches jüngst durch das OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 17.10.2018 bestätigt wurde. Danach gelte zwar die Regelung des § 41 Abs. 1 VgV auch bei zweistufigen nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb. Allerdings besteht in diesen Fällen die Besonderheit, dass die Unterlagen bei der Auftragsbekanntmachung in einer finalisierten Form bereits vorliegen können, aber nicht müssen. § 41 Abs. 1 VgV verpflichtet den öffentlichen Auftraggeber lediglich dazu, das offenzulegen, was er hat. Aber Achtung! Das heißt nicht, dass der Auftraggeber mehr oder weniger frei darin ist, was er den Bewerbern im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs an Vergabeunterlagen zur Verfügung stellt. Entscheidend ist, dass der Bewerber sich anhand der uneingeschränkt zugänglichen Unterlagen ein Bild davon machen kann, welche Anforderungen an seine Leistung gestellt werden. Danach kann es also ausreichen, wenn den Unternehmen eine Vergabeunterlage „light“ zur Verfügung gestellt wird. Relevant ist dies vor allem in den Fällen, in denen der öffentliche Auftraggeber sämtliche Unterlagen nicht veröffentlichen möchte bzw. darf, z.B. aus Gründen der Geheimhaltungsbedürftigkeit. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese praxisgerechte Lösung durchsetzen wird.
von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht
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