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Einmal geeignet, immer geeignet?

Einmal geeignet, immer geeignet? – Vertrauensschutz in Vergabeverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb

Aufträge dürfen nur an geeignete Unternehmen vergeben werden, § 122 Abs. 1 GWB. So viel ist klar. Klar ist auch, dass in Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb die Eignung vorgezogen in einem eigenen Verfahrensabschnitt zu prüfen ist. Aber bedeutet dies auch, dass die im ersten Verfahrensabschnitt einmal bejahte Eignung nicht wieder in Frage gestellt werden kann?

In einem dem OLG Düsseldorf (Beschluss v. 29.3.2021, Verg 9/21) kürzlich zur Entscheidung vorliegenden Fall hatten Beigeladene und Antragstellerin im Teilnahmewettbewerb jeweils mehrere Referenzen vorgelegt. Nach deren Prüfung wurden beide zum Verhandlungsverfahren zugelassen. Nachdem die Beigeladene den Zuschlag auf ihr Angebot erhalten sollte, rügte die Antragstellerin, dass die Beigeladene keine geeignete Referenz vorgelegt haben könne.

Unter Zitierung des BGH (Beschluss v. 7.1.2014, X ZB 15/13) meint das OLG Düsseldorf: Mit der positiven Eignungsprüfung werde – anders als im offenen Verfahren – für die zum Verhandlungsverfahren zugelassenen Unternehmen ein Vertrauenstatbestand begründet. Dies gelte selbst dann, wenn die Eignung im Teilnahmewettbewerb zu Unrecht angenommen wurde, jedenfalls sofern die zu Unrecht angenommene Eignung nicht auf sachfremden, manipulativen Erwägungen beruhe. Teilnehmende Unternehmen müssten nicht damit rechnen, der ihnen durch die Erstellung der Angebote und Teilnahme am Wettbewerb entstandene Aufwand könnte dadurch nachträglich nutzlos werden, dass der Auftraggeber ihre Eignung auf gleichbleibender tatsächlicher Grundlage später nochmals abweichend beurteile. Während sich in der Bauleistungsvergabe dazu explizit in § 16b EU Abs. 3 VOB/A eine Regelung findet, gelte dies – auch in anderen Vergaberegimen – über § 242 BGB allgemein. 

Mitbieter im Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb hätten danach entsprechend einen Vergaberechtsverstoß, der in der fehlerhaften Bejahung der Eignung eines Unternehmens liegt, ab der Begründung des Vertrauenstatbestand, sprich ab Zulassung des Unternehmens zum Verhandlungsverfahren, hinzunehmen.

Anders sieht das die VK Bund (Beschluss v. 18.9.2017, VK 2 – 86/17 und Beschluss v. 1.3.2018, VK 2 – 08/18): Auftraggeber müssten eigene Fehler korrigieren (können) – auch bei gleichbleibendem, bereits bekanntem Sachverhalt. Auftraggeber könnten nicht aufgrund Setzung eines Vertrauenstatbestands gezwungen werden, einem letztlich ungeeigneten Bieter den Auftrag zu erteilen. Das Vertrauen des Bieters könne auch durch Gewährung von Schadensersatz des negativen Interesses, sprich Aufwendungsersatz für die Erstellung des Angebots, geschützt werden.

Mit anderen Worten: Für Vertrauensschutz sei dort kein Raum, wo sich ein (vergabe-)rechtswidriger Zustand manifestieren würde, bzw. wo als fehlerhaft erkannte Umstände vergaberechtlich angreifbar wären.

Fazit:
Während die Entscheidung des OLG Düsseldorf den über § 242 BGB gewährten Vertrauensschutz des im Teilnahmewettbewerb für geeignet befundenen Bieters in den Vordergrund stellt, wird die Sichtweise der VK Bund vom Grundsatz des § 122 Abs. 1 GWB unterstützt, nach dem ausschließlich geeignete Bieter den Auftrag erhalten dürfen. Ganz so eindeutig, wie die Rechtslage zum Zeitpunkt der Beurteilung der Eignung von Unternehmen in Vergabeverfahren mit Teilnahmewettbewerb auf den ersten Blick durch die Entscheidung des OLG Düsseldorf erscheinen mag, ist die Beurteilung also nicht. Ob allerdings die VK Bund ihre Argumentation vor dem Hintergrund der hiesigen Entscheidung des OLG Düsseldorf aufrechterhalten wird, bleibt abzuwarten.

von Prof. Dr. Christian-David Wagner, Fachanwalt für Vergaberecht

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